St. Pölten-Wien: Stehplatz am Gang

Hektisches Gewusel auf den Bahnsteigen am Wiener Westbahnhof. Ein Bild, das viele Bahn-Pendler Tag für Tag ertragen müssen.
Auch Richtung Westösterreich sind die Züge meist voll. Der neue Hauptbahnhof soll Abhilfe schaffen.

Mit großen Umbauplänen für die Südbahn konterten die ÖBB vergangene Woche der Kritik der Pendler. Überfüllte Züge sollen dank eines vierten Gleises gen Süden ab spätestens 2022 Geschichte sein. Vorbild für die Umbaumaßnahmen ist die Weststrecke, auf der die Fahrgäste schon viergleisig unterwegs sind. Aber: Eine KURIER-Online-Umfrage ergab, dass auch auf dem Weg in den Westen, nicht alles eitel Wonne ist.

Auf die Frage, ob es in den Garnituren auf der Weststrecke ausreichend Sitzplätze gibt, antworteten 73,4 Prozent (von 446 abgegebenen Stimmen) mit "Nein". Zum Vergleich: Auf der Südbahn wünschen sich 85,9 Prozent der Pendler (von 468 Votern) mehr Platz im Zug. Ein gravierender Unterschied zwischen dem Erfolgsprojekt und dem "Stiefkind" ist also nicht zu erkennen. Deshalb hat sich der KURIER wieder auf den Weg gemacht, um die Meinung der Pendler einzufangen – diesmal im Railjet von St. Pölten Richtung Westbahnhof.

Viele Züge, wenig Platz

Der Bahnsteig drei am St.Pöltner Hauptbahnhof ist am Freitagmorgen gut besucht. Viele sind in die Morgenzeitung vertieft, einige nehmen sich kurz Zeit, um mit dem KURIER zu sprechen. Schnell wird klar: Nicht viel auszusetzen haben die Bahnfahrer, wenn man sie zur Fahrplandichte fragt. "Die Intervalle sind in Ordnung, heute wären für mich gleich mehrere ÖBB-Züge in Frage gekommen", erzählt ein Fahrgast.

Im Hinblick auf die Sitzgelegenheiten werden aber gravierende Probleme geortet: "Wenn man einen Sitzplatz will, gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit, um 3,50 Euro einen Platz zu reservieren. Sonst ist es schwierig", erzählt ein weit gereister Bahnfahrer. "Ich verstehe nicht, warum man da zu Stoßzeiten nicht ein bis zwei Garnituren mehr anhängen kann", fügt er hinzu.

Von der Sitzplatz-Problematik kann auch die 30-jährige St. Pöltenerin Birgit Krempl ein Lied singen: "Vor allem abends bekommt man bei Fahrten aus Wien schwer einen Platz", erzählt sie. Viele Leute würden deshalb auf den Gängen stehen. "Wenn man sich dann in die erste Klasse setzt, kommt der Schaffner und man muss wieder aufstehen." Auch dieser Zug um 9.05 Uhr ist bis auf den letzten Platz gefüllt.

Insgesamt habe sich die Situation seit Einführung der neuen Westbahnstrecke etwas gebessert. "Die Schaffner sprechen jetzt auch schon ein bisschen besser Englisch", schmunzelt ein Fahrgast.

Entlastung

Obwohl die Reaktionen der Pendler auf der Weststrecke auch auf positive Veränderungen schließen lassen, ist der notorische Mangel an Sitzplätzen nach wie vor ein großes Thema. Als "Allheilmittel" versprechen die ÖBB jetzt den Wiener Hauptbahnhof: "Wir haben 2014 wieder um zwei Millionen mehr Fahrgäste als im Vorjahr, bis zu 90 Prozent davon im Nahverkehr. Vor allem im Ballungsraum Ostregion wird der neue Hauptbahnhof Entlastung bringen", sagt ÖBB-Sprecher Michael Braun.

St. Pölten-Wien: Stehplatz am Gang
Ponem, Ernst Unger
Ernst Unger: „Ich bin sehr viel mit der Bahn in Österreich unterwegs, immer wieder auch auf der Weststrecke. Wenn ich einen Sitzplatz will, muss ich ihn reservieren. Vor allem ab Linz, Amstetten, St. Pölten und Wien wird es sehr eng im Zug.“
St. Pölten-Wien: Stehplatz am Gang
Ponem, Birgit Krempl
Birgit Krempl: „Seit etwa zehn Jahren pendle ich beruflich nach Wien. Morgens findet man schon einen Sitzplatz. Vor allem am Abend ist es aber ziemlich mühsam. Da bin ich schon öfters am Gang gestanden, weil die Züge so voll sind.“
St. Pölten-Wien: Stehplatz am Gang
Ponem, Helmut Fallwickl
Helmut Fallwickl: „Die Züge nach Wien sind immer gut frequentiert. Für die heutige Fahrt habe ich mir deshalb einen Sitzplatz reserviert. Die Fahrt-Intervalle und Preise sind okay, auch der Mitbewerber bringt den Kunden Vorteile.“

Ihre Kritik an der ÖBB können viele Pendler und Fahrgäste nicht so einfach loswerden, denn es ist schwer, die Verantwortlichen zu erreichen. Am Dienstag bietet der KURIER seinen Lesern die Möglichkeit, Fragen und Anregungen direkt an den Manager des Personenverkehrs in der Ostregion zu stellen.

Michael Fröhlich wird eine Stunde lang am Telefon sitzen, sich mit den Lesern unterhalten und Antworten zu den brennendsten Fragen geben. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig.
Am Dienstag von 10 bis 11 Uhr ist Michael Fröhlich am KURIER-Telefon erreichbar: (01) 52100-2619

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