Impfschaden: Sozialamt kassiert bei Mutter für toten Sohn

Florian Schmidt studierte und arbeitete beim Musikverein
82-jährige Wienerin pflegte den Kranken. Jetzt soll sie seine Mindestsicherung zurückzahlen.

Jetzt muss sich doch das Verwaltungsgericht mit dem traurigen Fall befassen. Das Sozialamt der Stadt Wien steigt nicht von seiner Forderung herunter und will eine 82-jährige Frau für ihren toten Sohn zur Kasse bitten.

Gunthilde Schmidt hat Florian 26 Jahre bis zu seinem Tod aufopfernd daheim gepflegt – der KURIER berichtete. Er hatte studiert und nebenbei in der Garderobe des Musikvereins gearbeitet. 1989 bekam er nach zwei Impfungen (Tetanus und Polio-Salk) eine Allergie, dann einen Herzinfarkt und schließlich einen Zusammenbruch, der damals 24-Jährige erholte sich nie mehr. Im Gutachten eines Sachverständigen sowie im Pflegegeld-Bescheid wird ein Impfschaden (Impfencephalitis, Gehirnentzündung nach Impfung) festgehalten, ein Entschädigungsanspruch wurde aber bis heute nicht anerkannt.

Florian wurde binnen weniger Wochen zum Pflegefall. Atembeschwerden, Übelkeit, die Zähne fielen aus, er konnte die Wohnung nicht mehr verlassen. Apropos Wohnung: Die wurde von der Mutter bis 2009 abgestottert. 2010 überschrieb sie sie auf ihren Sohn, damit er abgesichert ist, wenn sie einmal nicht mehr da sein würde. Aber Florian starb vor ihr, am 12. Juni 2015.

"Ich fühle mich atomisiert", sagte Florian vor seinem Tod: "Sollte ich sterben, kann ich mich drüben nicht mehr zusammenfügen."

Die 82-jährige Mutter erbte die Wohnung von ihrem Sohn sozusagen zurück. Und darauf setzt sich nun das Sozialamt.

Impfschaden: Sozialamt kassiert bei Mutter für toten Sohn
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Es fordert von der Verlassenschaft (= die Mutter), welche ja durch die Eigentumswohnung und ein Sparbuch Vermögen hat, den Ersatz der Kosten für die Mindestsicherung von rund 20.000 Euro, die Florian erhalten hatte. Wenige Wochen, nachdem der erste Bescheid zugestellt worden war, wurde er von der Behörde aufgehoben. Allerdings nur wegen eines Formalfehlers, wie sich herausstellte. Ein zweiter Bescheid folgte.

Wohnbedürfnis

Frau Schmidts Anwalt Gerold Beneder zieht nun vor das Verwaltungsgericht: Die Mutter hatte ihr Leben auf das Leiden des Sohnes ausgerichtet, ihn 17 bis 22 Stunden täglich gepflegt, auf alles andere verzichtet. Die Kosten für den Pflegeaufwand bei Fremdbetreuung würden die 20.000 Euro weit übersteigen. Außerdem hat Frau Schmidt ein dringendes Wohnbedürfnis, daher dürfe die Wohnung nicht zur Befriedigung etwaiger Ansprüche herangezogen werden, argumentiert Beneder.

Gunthilde Schmidt findet die Forderung "ungeheuerlich: Florian ist ja nicht gestorben, weil er ein Säufer war oder Drogen genommen hat."

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