Wien rüstet sich gegen Bettler-Busse

Organisierte Ost-Banden setzen auf Mitleid. Laut Magistrat und Polizei sind viele Bettler nicht behindert, kassieren pro Tag aber über 100 Euro.
In der Karwoche pilgern organisierte Bettler-Banden in die Städte. Ostermärkte im Visier.

Bis zu 100 Euro und mehr verdient ein Bettler pro Tag. Im Schnitt sind in Wien täglich an die 70 Straßenbettler aktiv. In der Adventzeit und zu Ostern jedoch strömen ganze Clochard-Horden in die Bundeshauptstadt.

"Wie im Advent auch starteten das Büro für Sofortmaßnahmen und die Polizei in der Osterwoche eine Großaktion gegen das Bettlertum. Denn wenn Touristen in der Stadt sind, steigt die Zahl sprunghaft an", erklärt Walter Hillerer, Chef des Büros für Sofortmaßnahmen.

Geld für Capos

Zurzeit rollen voll besetzte Bettler-Busse nach Wien. Die Drahtzieher sitzen in Ungarn, Slowenien, Rumänien und Bulgarien. "Der Großteil des Tagesverdienstes muss an die Capos abgeliefert werden. Hotspots sind Fußgängerzonen, U-Bahnen und Ostermärkte", weiß Polizeioffizier Alexander Schinnerl, Leiter des Referates Innere Stadt.

Beim KURIER-Lokalaugenschein auf der Mariahilfer Straße waren die Bettler vorerst auf der Hut. Denn zwei Männer – sie saßen in einer Mauernische bei der U3-Station – erkannten die Polizeistreife, standen auf und ergriffen die Flucht. Die Beamten des Wachzimmers Stiftgasse hatten somit keinen Grund einzuschreiten. "Wir laufen diesen Leuten nicht nach", schildert einer der jungen Polizisten.

Handlungsbedarf bestand zu Mittag auf der Mariahilfer Straße bei Straßenmusikanten. In U-Bahnen und auf belebten Plätzen gab das Bulgaren-Quartett seine Ständchen. Schließlich wurden Passanten mit dem Hut in der Hand angebettelt.

Die Ausweise der Männer wurden kontrolliert, das Quartett hatte eine vom Bezirk ausgestellte Spielerlaubnis. Trotzdem musste wegen Bettelns der Platz verlassen werden.

"Kontrollen sind nicht immer so einfach. Denn viele Bettler haben weder Ausweise, noch können sie Deutsch. Viele sind Analphabeten", so Oberstleutnant Schinnerl. Dann müssen die Bettler auf das Wachzimmer mitgenommen werden. Das mit Dolmetschern auszufüllende Formular mit 12 Fragen (in vier Sprachen) soll hinterfragen, ob sie von der Ost-Mafia nach Österreich geschickt wurden. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wird das Bundeskriminalamt eingeschaltet. Diese Maßnahme ist seit März bindend.

Wien ist erste Adresse

Täglich sind über die Osterwoche zwei Gruppen mit Beamten des Magistrats und der Exekutive an den Hotspots unterwegs. Walter Hillerer lässt hinter die Kulissen blicken: "Bei der Leibesvisitation finden wir dann das Geld. Beträge über 100 Euro sind keine Seltenheit. Wir stellten aber auch schon zugespitzte Schraubenzieher oder Rasierklingen sicher." Polizei und Rathaus appellieren an die Bürger, den Bettlern möglichst kein Geld zu geben. Als Beispiel wird Bratislava genannt: Dort ist die Bettler-Problematik dadurch kein Thema. Denn die Bevölkerung spendet nicht. "Somit ist Wien für diese Gruppe, vor allem zu Advent und Ostern, das erste lohnende Ziel."

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