"Da kommen Frühlingsgefühle auf"

Am frühen Vormittag waren die Tische am Wiener Graben noch unbesetzt – das änderte sich aber rasch.
Die ersten warmen Sonnenstrahlen locken bereits die Freiluft-Genießer nach draußen.

Blauer Himmel, Temperaturen im zweistelligen Bereich. Jetzt, da endlich die Sonne scheint und die Kellner Tische und Sessel ins Freie tragen, streben die Wiener – zaghaft, aber doch – in die Schanigärten. Von November bis Februar mussten sie nach dem Wiener "Gebrauchsabgabegesetz" pausieren.

Der Start in die Saison ist noch holprig. Der Schanigarten vor dem Café Landtmann ist verwaist, bis auf einen Tisch mit zwei deutschen Urlauberinnen ist kein einziger Tisch besetzt. "Der Winter hat viel zu lang gedauert, jetzt genießen wir die ersten Vorboten des Frühlings", trotzen Laura und Charlotte dem aufkommenden Wind. Zum ersten Mal in diesem Jahr sitzen die beiden draußen in der Sonne. "Da kommen einfach Frühlingsgefühle auf", schwärmen die jungen Frauen.

Nach und nach füllt sich der Gastgarten vor dem Wiener Traditionscafé, am Nachbartisch bestellt sich die Amerikanerin Megan eine Melange. "Ich wüsste nicht, was ich im Moment lieber täte, als hier zu sitzen", sagt die Austauschstudentin, während sie in die Sonne blinzelt. Schmunzelnder Nachsatz: "Außerdem kann ich hier super Leute beobachten."

Die ewige Debatte

"Da kommen Frühlingsgefühle auf"
Schanigärten Wien
Landtmann-Chef Berndt Querfeld spricht sich einmal mehr für die ganzjährige Öffnung von Schanigärten aus. "Wie man sieht, profitiert immer jemand davon", sagt der Kaffeehaus-Obmann der Wiener Wirtschaftskammer mit Blick auf seine Gäste vor dem Kaffeehaus. "Wien gehört zu den lebenswertesten Städten der Welt, und da soll man im Februar nicht draußen sitzen dürfen?"

Schauplatzwechsel. Am Stephansplatz bietet sich ein ähnliches Bild, immer mehr Sonnenanbeter strömen in die Schanigärten. "Hier pulsiert einfach das Leben", freut sich Regina, während sich links und rechts von ihr die Touristenmassen vorbeiwälzen. Zu Hause fühle sie sich im Gegensatz zum Schanigarten eingesperrt, sagt die Niederösterreicherin.

Am Tisch daneben gönnt sich William gerade Krapfen und Espresso. Er fühle sich draußen sitzend "einfach mehr in Bewegung und viel wohler". Für eine ganzjährige Öffnung von Schanigärten sei er jedoch nicht, da diese eine Art Ritual für ihn seien und nur zu bestimmten Jahreszeiten geöffnet haben sollten, sagt William.

Mittagspause

Ein paar Lokale weiter genießen Petra und Michaela gerade die Mittagspause. Natürlich in der Sonne. "Genau das haben wir die ganze Zeit so sehr vermisst", seufzen die beiden Freundinnen. "Endlich können wir das Flair dieser Stadt ohne Heizschwammerl genießen", sagt Wienerin Michaela. "Wenn es nach uns geht, könnte es noch viel mehr Schanigärten geben."

"Da kommen Frühlingsgefühle auf"
Schanigärten Wien
Franco, eifriger Kellner im Café de l’Europe am Graben, bestätigt den Eindruck: "Egal, ob Einheimische oder Touristen, unsere Kunden lieben einfach das Leben im Freien. Das sehen wir hier besonders", erklärt er.

Bestes Beispiel dafür ist eine Gruppe Studenten, die mit aufgekrempelten Ärmeln in der Sonne sitzen. Die jungen Dänen sind gerade vor wenigen Stunden in Wien angekommen, ihr erster Weg führte sie direkt in einen Gastgarten. "Hier zu sitzen, ist für uns gleichzusetzen mit Lebensqualität", erklärt die Männerrunde. Von Wien hätten sie bisher nichts gesehen bis auf den Schanigarten: "Es tut einfach gut, ohne Jacke in der Sonne sein zu können und ein Bier zu bestellen." Etwas, das sie in ihrer Heimat Kopenhagen momentan nicht machen könnten.

Susana O.: "Nach dem langen Winter habe ich mich auf die frische Luft schon gefreut. Es tut der Seele gut, die Sonne auf der Haut zu spüren. Zu Hause sitze ich sehr gern im Garten, umso besonderer ist es, mitten in der Stadt ebenso in einer Art persönlichem Garten zu sitzen."

Brigitta N.: "In meiner Mittagspause nütze ich jede Möglichkeit, ins Freie zu kommen. Da bietet sich der Schanigarten natürlich an. Wenn ich den ganzen Tag im Geschäft stehe, freue ich mich, wenn ich danach hier sitzen kann. Eine schöne Gelegenheit mitten in der Stadt."

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