Rettungsgasse: Videoüberwachung an 49 Hotspots

APA6443328-2 - 11012012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT CI - THEMENBILD - Illustration zum Thema "Rettungsgasse". Im Bild: Ein Hinweisschild mit der Aufschrift "Bei Staubildung: Rettungsgasse" aufgenommen am Mittwoch, 11. Jänner 2012, auf der A21 Richtung Wien. Sobald es Anzeichen für einen Stau gibt, muss die Rettungsgasse auf Österreichs Autobahnen, Schnell- und Autostraßen gebildet werden, damit Einsatzfahrzeuge rasch zum Unfallort durchkommen. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Verkehrsministerin Bures stellt neue Videoüberwachung vor. Kritikern hält sie ein neues Gutachten entgegen.

Vor einem Monat hat Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) erstmals ihren Plan präsentiert, Rettungsgassensünder künftig via Videoüberwachung zur Kasse zu bitten. Nun wurde die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) konkretisiert: Laut einer begleitenden Verordnung sollen 49 Autobahnabschnitte mittels Asfinag-Kameras überwacht werden (siehe Karte unten). Bures bekräftigte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien, dass es somit "zu keiner flächendeckenden Überwachung der Autofahrer" kommen soll.

Auch sollen Verkehrsteilnehmer durch die Novelle "nicht abgezockt werden", sondern Feuerwehren und Rettungsorganisationen die Zufahrt zu Unfallorten ermöglicht werden. Damit bekomme die Exekutive ein "effektives Instrument zur Überwachung der Rettungsgasse", sagte Bures.

Verfassungskonform

Verfassungsjurist Heinz Mayer erstellte ein Gutachten über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Novelle. Darin kam er zum Entschluss, dass "der vorliegende Entwurf den Kriterien entspricht", bekräftigte Mayer am Donnerstag. Die Novelle stelle damit einen zulässigen Eingriff in das Recht auf Datenschutz dar und sei verfassungskonform. Darauf lässt sich das Innenministerium nicht festnageln. „Zum Vergleich: Bei der Polizei setzen wir 18 Hotspot-Kameras ein“, sagt Mikl-Leitner. Das sensible Thema Datenschutz werde man sich im Detail anschauen.

In der Datenschutzkommission heißt es abwarten. „Man muss auf jeden Fall prüfen, ob das verhältnismäßig ist“, sagt Eva Souhrada-Kirchmayer. Dass die Polizei direkt auf Überwachungskameras zugreifen könne, sei „etwas ungewöhnlich“. Normalerweise läuft das Prozedere so ab: Die Staatsanwaltschaft beantragt die Beschlagnahmung des Filmmaterials. Erst dann darf es die Exekutive verwenden.

Rettungsgasse: Videoüberwachung an 49 Hotspots
bures rettungsgasse
Der Entwurf wurde laut Bures bereits dem Innenministerium übermittelt. Schon als der Plan der Videoüberwachung bekannt wurde, hagelte es Kritik für die Verkehrsministerin. Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) äußerte im April datenschutzrechtliche Bedenken. Für Bures war das "ein Missverständnis". Sie ging am Donnerstag davon aus, dass einer Zustimmung des Innenministeriums "nichts mehr im Wege steht" und die Novelle bereits im Juli beschlossen werden könne, jedenfalls noch "in dieser Legislaturperiode, Wahlen hin oder her". Neben der gesetzlichen Regelung müssen "nur ein paar Taferln gedruckt werden", sagte Bures, die benötigten Kameras der Asfinag gibt es ja bereits.

Innenministerin prüft Vorschlag

Das Innenministerium will Bures' Vorschlag zumindest prüfen. "Ich begrüße jedenfalls, dass das Verkehrsministerium die Forderung nach einer flächendeckenden Videoüberwachung aufgegeben hat – das wäre ein Angriff auf die Freiheit der Bürger und den Schutz der Bürgerrechte", so Innenministerin Mikl-Leitner in einem Statement.

Jetzt brauche es "eine seriöse Diskussion und dazu bedarf es einer genauen Prüfung und einer breiten Diskussion mit Experten". Bures rechnete mit einer Umsetzung der Novelle der Straßenverkehrsordnung noch in dieser Legislaturperiode. "Es ist noch nichts geprüft und noch nichts verhandelt. Und auf der Basis von nichts kann ich dem weder zustimmen noch Prognosen abgeben", so die Antwort der Innenministerin.

Auch die Verkehrsclubs ÖAMTC und ARBÖ erkennen in dem Vorschlag Verbesserungen. Dennoch: "Es kann aber nicht angehen, dass alle bisherigen Errungenschaften des Konsumenten- und Datenschutzes übergangen werden, um das Einhalten aller Vorschriften wie ein 'Big Brother' zu überwachen", bekräftigte Martin Hoffer, Chefjurist des Clubs. Der ÖAMTC befürchtet weiterhin, dass "ein derartiger Vorstoß für eine stetige und dauernde Überwachung von Autofahrern und Motorradfahrern missbraucht werden kann". Auch dem ARBÖ ist es ein Anliegen, "dass die Videoüberwachung datenschutzrechtlich hieb-und stichfest gestaltet ist".

Hinweisschilder

Die videoüberwachten Streckenabschnitte sollen - ähnlich wie bei der Section Control - klar gekennzeichnet sein. Dafür soll es eigene Hinweisschilder mit der Aufschrift "Achtung: Rettungsgassen Kontrolle!" angebracht werden. Die 49 neuralgischen Punkte wurden gemeinsam mit der Asfinag definiert, dort kommt es häufig zu Unfällen und Staus und es werde dazu tendiert, hier die Rettungsgasse nicht zu bilden, erläuterte Asfinag-Vorstand Klaus Schierhackl. Diese Abschnitte befinden sich u.a. auf der Westautobahn (A1), der Südautobahn (A2), der Mühlkreisautobahn (A7), der Donauuferautobahn (A22) sowie auf der Tangente (A23). Eine Ausweitung der Kontrollpunkte sei mittels Verordnung möglich, sagte Bures. Insgesamt 800 Kameras der Asfinag sind technisch dafür ausgerüstet, Videos zu speichern.

Umfrage: Zwei Drittel halten Rettungsgasse für sinnvoll

Präsentiert wurde am Donnerstag auch eine Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts meinungsraum.at. Demnach halten "75 Prozent der Befragten die Rettungsgasse für 'sinnvoll' beziehungsweise 'sehr sinnvoll'", sagte Bures zu den Ergebnissen. Acht von zehn Autofahrern sprachen sich dafür aus, dass Lenker, die die Rettungsgasse blockieren, belangt werden. Und 67 Prozent waren für Videoaufnahmen als Beweismittel. In einer KURIER-Umfrage Ende März sprachen sich jedoch rund drei Viertel gegen die umstrittene Maßnahme aus.

In der aktuellen Umfrage gaben auch mehr als die Hälfte der Österreicher an, bereits einmal oder mehrmals in einer Situation gewesen zu sein, in der die Rettungsgasse gebildet werden musste. Und 80 Prozent haben dabei eine Behinderung durch andere Autofahrer erlebt. Befragt wurden zwischen 11. und 15. April 1.000 Autofahrer zwischen 18 und 65 Jahren.

Fazit der Ministerin: "Die Bevölkerung steht hinter der Rettungsgasse, die Einsatzkräfte stehen geschlossen hinter der Rettungsgasse - und auch ich stehe hinter der Rettungsgasse."

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