Restitution frei nach Franz Kafka
Beim Treffen mit dem KURIER rollt Stephan Templ den 5,40 Meter langen "offiziellen" Stammbaum der Familie Fürth aus: "Da steht die Tante auch nicht drinnen." Aber weil er die Tante im Restitutionsantrag für seine Mutter verschwiegen und dadurch die Republik Österreich um 550.000 Euro geschädigt haben soll, wurde der in Prag lebende Historiker und Journalist mit jüdischen Wurzeln als Betrüger zu drei Jahren Haft verurteilt.
Der Fall von einer Dimension wie im Prozess von Franz Kafka hat weltweit Schlagzeilen gemacht. Am kommenden Freitag erfährt Templ (von Verteidiger Christof Dunst begleitet) im Wiener Justizpalast, ob er wirklich hinter Gitter muss. "Das will ich mir nicht vorstellen", sagt er.
Aber auch die anderen Erben erwähnten sie nicht, obwohl eine Cousine sogar einst bei der Tante gewohnt hat. Und es wäre an der für die Restitution gebildeten Schiedskommission gelegen, zu überprüfen, ob es noch Anspruchsberechtigte gibt. "Die Republik kann doch nicht etwas hergeben, ohne zu überprüfen, was sie an wen hergibt", sagt Templ. Zur Rechenschaft gezogen wurde aber nur er.
Unklare Rechtslage
Die Begründung für seine Verurteilung im Wiener Landesgericht überzeugt laut Templ nicht einmal dessen Präsidenten Friedrich Forsthuber. Der habe bei einer Uni-Veranstaltung erklärt, Österreich könne nie geschädigt sein, der Betrug sei an der Tante verübt worden, was wiederum im Urteil ausgeschlossen wird. Dort steht: Hätte die Tante ihr Erbe ausgeschlagen (was sie auf Befragen ausdrücklich verneint, allerdings meldete sie sich zu spät), hätte Österreich ihren Anteil eingesackt.
Drei Jahre Haft? Wie man am Fall André Rettberg sieht, können Berufungssenate Urteile komplett umdrehen: Der zunächst zu dreieinhalb Jahren verurteilte Ex-Libro-Chef muss wegen der Zehn-Millionen-Untreue gar nicht ins Gefängnis.
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