Razzia am Bau: Scheinfirma mit 315.000 € Steuerschulden

Razzia am Bau: Scheinfirma mit 315.000 € Steuerschulden
Auf Baustellen im Süden Wiens stoßen die Behörden auf üble Machenschaften.

Moment, ich glaube wir haben da was Größeres“, unterbricht Franz Kurz von der Finanzpolizei das Gespräch und lässt sich einen kurzen Einsatz-Zwischenbericht geben. Seine Beamten haben gerade einer Baustelle im 4. Bezirk, wo knapp 50 Luxuswohnungen entstehen sollen, einen Besuch abgestattet. Die Aktion war Teil einer Bau-Großrazzia, die Donnerstag im Süden Wiens stattfand. An ihr beteiligten sich auch Baupolizei, Arbeitsinspektorat und die WGKK.

Und prompt stießen die Finanzer auf vier Mitarbeiter einer Malerfirma, die erst vor drei Monaten gegründet wurde und – wie sich rasch herausstellt – keine Steuern und Sozialversicherungsabgaben zahlt. Allein bei den Steuerschulden geht es um 315.000 Euro. Jetzt wird eine Forderungspfändung vollstreckt. Auf die Hintermänner wartet ein Strafverfahren.

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Ein klassischer Fall einer Scheinfirma, die sich in das weit verzweigte, nur schwer überschaubare Geflecht von Subunternehmen geschmuggelt hat. Über 100 davon soll es allein in Wien geben. Wird eine davon in den Konkurs getrieben, taucht sie oft rasch unter anderem Namen, aber mit denselben Arbeitern wieder auf einer anderen Baustelle auf.

Razzia am Bau: Scheinfirma mit 315.000 € Steuerschulden
Schwarzarbeit auf Baustellen, Baupolizei, Presserundfahrt
„Wir können den Kampf nicht gewinnen, aber einige Scharmützel“, sagt Kurz. Zudem würden die verstärkten Kontrollen der vergangenen Jahre eine gewisse Abschreckungswirkung haben.

Erschrocken reagiert auch ein Arbeiter auf einer Baustelle im 10. Bezirk, als die Kontrollore mit ihren Schutzhelmen und Uniform-Westen auftauchen. Er sucht kurzerhand das Weite.

Seine Kollegen müssen ihre Ausweise und eCards aushändigen und den Beamten Rede und Antwort stehen: „Wie heißen Sie? Wie lange arbeiten Sie schon bei dieser Firma?“

Rasch zeigt sich, dass auch bei dieser Althaus-Sanierung nicht alles mit rechten Dingen zugeht: Vier der Arbeiter sind falsch bzw. zum Schein angemeldet. Zudem müssen die Beamten vier Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz einleiten. Ein Arbeiter wird vorübergehend festgenommen, weil er sich illegal in Österreich aufhält. Und auch die Baupolizei wird fündig: Sie entdeckte vom Plan abweichende Bauausführungen. Der Bauherr muss mit einer Strafe rechnen.

Scheinfirmen

Österreichweit werden pro Jahr im Baubereich rund 300 Scheinfirmen gegründet, lautet eine Schätzung des Finanzministeriums. Aus ihren Machenschaften ergeben sich etwa 250 bis 350 Millionen Euro an unmittelbaren Schaden aus der Nicht-Abfuhr von Lohnabgaben bzw. Sozialversicherungsbeiträgen.

Baupolizei

Seit dem Start der verstärkten Baustellenüberprüfungen im Herbst 2010 haben bisher in sämtlichen Wiener Bezirken insgesamt 17.235 Kontrollen statt gefunden. Auf 1143 Baustellen wurden wesentliche Mängel festgestellt. Bei 405 mussten die Bauarbeiten mit sofortiger Wirkung eingestellt werden.

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