Polizeiübergriff: Gericht will sich nicht festlegen

Die Amtshandlung bei der Tankstelle wurde gefilmt
Steißbeinbruch: Zwölf Beamte gegen eine zu Silvester angeheiterte Frau. Ein Urteil, das alles offen lässt.

Der aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz in der Silvesternacht 2014 (siehe Video weiter unten) am Schwedenplatz war unverhältnismäßig und rechtswidrig. Zugleich war er auf die Strafprozessordnung gestützt und daher rechtmäßig. Zu diesem widersprüchlichen Ergebnis kommt das Landesverwaltungsgericht Wien nach einem knapp einjährigen Verfahren mit sieben Verhandlungstagen.

Erfolgversprechende Vorzeichen auf einen möglichen Strafprozess gegen mehrere Polizeibeamte, der die Umstände des Steißbeinbruchs einer Unternehmerin ans Licht bringen könnte, sind das nicht. Ebenso wenig wie eine Grundlage für Schadenersatzforderungen der Frau.

Arm getätschelt

Am 1. Jänner 2015 geriet die angeheiterte 47-Jährige, die im Tankstellen-Shop Brot kaufen wollte, in eine Amtshandlung. Ein Großaufgebot der Polizei war mit einem Raufhandel beschäftigt. Die Frau löcherte die Beamten mit Fragen, wachelte mit ihrem Schlüsselbund, war nicht los zu werden. Eine Polizistin tätschelte ihr besänftigend den Arm, änderte aber plötzlich ihre Körperhaltung auf Amtsperson. Das kann man auf dem von der Tankstelle aufgenommenen Video sehen bzw. erzählte es die Unternehmerin. Die Beamtin soll die Fußgängerin zum Alkotest aufgefordert haben, was diese entrüstet verweigerte. Dann wurde sie von immer mehr Polizisten umzingelt (am Schluss war es ein gutes Dutzend), bekam Rempler und wurde gegen eine Wand gezerrt, so dass sie stürzte. Das war nicht erforderlich und unverhältnismäßig.

Vor allem aber provozierte es Eskalation: Als sich die Frau wehrte und einem Beamten einen Schlag ins Gesicht versetzte, stürzten sich dessen Kollegen auf sie, brachten sie zu Boden, legten ihr Handschellen an und sprachen die Festnahme aus. Diese rechtfertigte laut Verwaltungsgericht auch rückwirkend alle Maßnahmen.

Ob die Festnahme notwendig war und maßvoll durchgeführt wurde, wogegen der Steißbeinbruch der Unternehmerin spricht, musste laut Verwaltungsgericht in diesem Verfahren nicht geprüft werden. Dagegen hätte sich die Frau binnen sechs Wochen nach der Amtshandlung bei der Staatsanwaltschaft oder beim Landesgericht beschweren können, wird ihr beschieden.

Die Ermittlungen im Strafverfahren sind seit Dezember 2015 abgeschlossen, die Staatsanwaltschaft hat ihr Vorhaben (Anklage oder Einstellung) dem Justizministerium zur Genehmigung vorgelegt. Entscheidungsträger ist auch jener Sektionschef Christian Pilnacek, der nach Ansicht des Videos erklärt hatte, es werde einem dabei „angst und bang.“

Kommentare