Video-Dolmetscher im Spital

SMZ-Ost, Donauspital, in Wien am 29.07.2013.
Das bereits 2013 gestartete Projekt hilft dabei, Verständigungsprobleme zu beheben.

Gesundheit und der Zugang zum Gesundheitswesen sind in einem hohen Ausmaß von der sozialen Situation des Einzelnen und von seinen Kommunikationsfähigkeiten abhängig. Das trifft besonders für Menschen mit Migrationshintergrund zu. Ein Projekt der Österreichischen Plattform Patientensicherheit soll in den kommenden Monaten testen, ob hier ein Video-Dolmetschservice für Spitalsambulanzen, Versicherungseinrichtungen und Ordinationen eine Hilfe sein kann. "Wir starten unser Pilotprojekt mit 7. Oktober", sagte Maria Kletecka-Pulker vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin der Universität Wien.

An dem Projekt, das von der Plattform, vom Gesundheitsministerium und dem Universitätsinstitut initiiert worden ist, wird schon seit vergangenem Jahr gearbeitet. Der Hintergrund: Qualität und Sicherheit im Gesundheitswesen, in der medizinischen Versorgung und in der Pflege sind ohne funktionierende sprachliche Kommunikation zwischen Leistungsempfänger und Leistungserbringer nicht zu bewerkstelligen.

Problematische Kommunikation

Projektkoordinatorin Sabine Parrag erläuterte: "In Gesundheitseinrichtungen gibt es die unterschiedlichsten Lösungsversuche für sprachliche Verständigungsprobleme. So holt man in Ambulanzen und Spitälern beispielsweise Beschäftigte mit der jeweiligen Sprache als 'Dolmetsch'. Fremdsprachige Patienten werden in Arztordinationen oft von Kindern, Ehepartnern, Verwandten begleitet, die für die Verständigung sorgen sollen." Das alles ist zunächst einmal aus Gründen der Privatsphäre problematisch, die Qualität der Kommunikation ist auch nicht garantiert.

Die Angelegenheit hat aber auch gesundheitspolitisch und rechtlich eine hohe Brisanz. Das Gesundheitswesen kann sich nicht "ausreden", dass sozusagen eine "Bringschuld" für Verständnis bei den Konsumenten läge: Abgesehen von akuten, lebensbedrohlichen Notfällen kann nur ein ausreichend aufgeklärter Patient seine Einwilligung zu einer Heilbehandlung geben.

Strafrechtliche Konsequenzen

Dazu die Geschäftsführerin des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin, Maria Kletecka-Pulker, selbst Juristin: "Es können bei durch schlechte Kommunikation aufgetretenen Fehlleistungen in Spitälern, in Arztordinationen oder in Pflegeeinrichtungen auch straf- und/oder privatrechtliche Konsequenzen drohen." Abgesehen davon hat in Österreich jeder Mensch - unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht, Religion etc. - Anspruch auf gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen. In Österreich leben derzeit 1,1 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, sie haben jedes Anrecht auf Zugang zum Gesundheitssystem.

Im Rahmen des Video-Dolmetschdienst-Projektes soll jetzt erprobt werden, ob ein externer Übersetzungsservice via Datenleitung etc. durch diplomierte Fachkräfte machbar ist und von Patienten sowie von den beteiligten Spitalsambulanzen, Pflegeeinrichtungen und niedergelassenen Ärzten akzeptiert wird. "Wir werden mit acht bis 14 Dolmetschern, die von einem Büro in Wien aus arbeiten, 16 Stunden am Tag – von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr – einen Service für Türkisch, Bosnisch/Serbisch/Kroatisch und in Gebärdensprache anbieten", sagte Sabine Parrag.

Die Pilotphase des Dolmetschservices von einem halben Jahr wird mit einem eigenen Studienprojekt mit wissenschaftlicher Auswertung begleitet. Projektkoordinatorin Sabine Parrag erläuterte: "Es wird Fragebögen für alle Beteiligten in Papierform und online geben sowie direkte Befragungen. Wir werden analysieren, welche der Sprachen am häufigsten verlangt sind, wann in den einzelnen beteiligten Institutionen zeitlich der größte Bedarf ist etc."

Mehrere Spitäler machen mit

In Wien sollen zwei Spitäler des Krankenanstaltenverbundes (Semmelweis Klinik/Rudolfstiftung) und das St. Anna Kinderspital, in Niederösterreich die Notfallaufnahme am LK St. Pölten und die psychiatrische Ambulanz des LK Neunkirchen teilnehmen. In Linz soll es die Notfallambulanz am AKH sein, bei der AUVA werden es das Lorenz-Böhler-Krankenhaus sowie das Meidlinger Unfallkrankenhaus sein, die PVA will das System in ihrem Rehab-Zentrum in Felbring in Niederösterreich und bei der Landesbegutachtungsstelle (Pflege) in St. Pölten erproben. Weiters soll das System auch im steirischen KAGES-Krankenhaus in Leoben (Gynäkologie) getestet werden.

"Wir wollen aber auch zehn niedergelassene Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen (Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Gynäkologie, Anm.) einbinden", sagte Parrag. Hier geht es noch um die Finanzierung. Kommt man zu positiven Ergebnissen, könnte das System dann österreichweit angeboten werden. Das würde natürlich auch die Kosten reduzieren. Ein solcher Dolmetsch-Service könnte aber auch kosten sparen helfen. Nicht ausreichend zustande kommende Kommunikation zwischen Arzt und Patient im Gesundheitswesen dürfte nämlich auch zu Mehrfachuntersuchungen, Doppelbefunden, fehlender Therapietreue der Kranken und somit zu weiteren Komplikationen führen.

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