Patienten demonstrieren für ihre Ordination

Derzeit versorgt Wahlarzt Charles Ademilua die Patienten.
Noch immer gibt es für die Praxis eines Arztes mit Berufsverbot keinen neuen Kassenvertrag.

Zuletzt war es die Ärztekammer, die mit Protestaktionen für Aufsehen sorgte. Heute, Mittwoch, gibt es zur Abwechslung eine Demo gegen die Kammer: Bis zu 300 Patienten wollen vor deren Sitz in der City dagegen protestieren, dass ihre Ordination in Favoriten nach mehr als einem Jahr immer noch keinen neuen Arzt mit Kassenvertrag hat.

Es handelt sich um die Praxis von Youssef Al-Hachich in der Laxenburger Straße. Gegen den Allgemeinmediziner wurde Anfang 2014 ein Berufsverbot verhängt, nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn eingeleitet hatte. Es geht unter anderem um den Verdacht der Hehlerei und der Arzneimittelfälschung. Außerdem verlor der Arzt seinen Kassenvertrag (der KURIER berichtete).

Groß war damals die Aufregung unter den mehr als 6000 Patienten, die über Nacht ohne ihren Arzt dastanden. Der überwiegende Teil von ihnen sind Migranten, die vor allem die Betreuung in ihrer Muttersprache schätzten.

Die Wiener Gebietskrankenkasse richtete vorübergehend am Wienerberg und in Mariahilf einen Notdienst für die verwaisten Patienten ein. "Doch viele wollen nicht woanders behandelt werden", sagt Al-Hachich. "Vor allem die Stammpatienten haben ein enges Vertrauensverhältnis zu uns aufgebaut."

Zwei Wahlärzte

Deshalb hat er zwei Kollegen gebeten, als Wahlärzte die Patienten in der Ordination zu versorgen. Von finanzschwachen Kranken verlangen sie einen Sozialtarif von zehn Euro pro Monat. Laut Al-Hachich würden immerhin noch 3000 Personen dieses Angebot nutzen. Auch beim KURIER-Lokalaugenschein drängten sich die Patienten im Wartezimmer.

Doch dieses Konstrukt sei laut Al-Hachich keine Ideallösung. Viele würden an den bürokratischen Hürden der Kosten-Rückerstattung scheitern. "Und manche Patienten können auch den Sozialtarif nicht vorschießen", sagt Wahlarzt Charles Ademilua.

Die Suche nach einem neuen Kassenarzt gestaltet sich freilich zäh. Die Kammer hat die Stelle im April 2014 neu ausgeschrieben. Von den ursprünglich vier Interessenten ist letztlich eine Ärztin übrig geblieben. "Wenn auch sie das Angebot nicht annimmt, muss die Stelle im August erneut ausgeschrieben werden", sagt eine Sprecherin der Kammer.

Schleppend verlaufen auch die Ermittlungen gegen Al-Hachich, der die Vorwürfe bestreitet. "Nach wie vor ist es zu keiner Anklage gekommen", sagt sein Anwalt Jürgen Stephan Mertens.

Der Arzt ist übrigens nach wie vor in der Praxis anzutreffen. "Ich behandle aber keine Patienten", betont er. "Ich kümmere mich bloß um die Verwaltung und helfe beim Übersetzen."

Die Patienten halten jedenfalls weiter zu ihm: "Er ist einfach ein super Arzt", lobt Erdem Ibrahim. "Am liebsten würden wir ihn wieder zurückhaben."

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