Passagierfrust nach Flughafen-Chaos

6000 Passagiere saßen fest. Viele beanstandeten die fehlende Information.
Airport und AUA stellen sich ein gutes Krisen-Zeugnis aus, Betroffene machen ihrem Ärger Luft.

"Chaos pur und null Krisenmanagement auf dem Flughafen Wien. Zahlende Passagiere wurden mit zwei Informationszettel und einer Visitenkarte abgespeist. Das Verhalten war alles andere als professionell. Familien mit kleinen Kindern wurden einfach ignoriert: kein Wasser, kein Carepaket, nix." So schildert ein aufgebrachter Passagier den Sonntagabend am Flughafen Wien-Schwechat. Insgesamt 6000 Menschen saßen wegen einer Datenpanne fest. Rund 3000 Passagiere waren in Wien-Schwechat betroffen, Dazu kamen rund weitere 3000 Passagiere auf dem Weg nach Wien. Insgesamt blieben 63 Flugzeuge am Boden: 32 in Wien, 31, die nach Wien fliegen wollten; diese Zahlen betreffen allein die Austrian Airlines. Montagmittag waren die meisten Passagiere endlich umgebucht, 70 bis 80 saßen aber immer noch fest.

Feldbetten-Krise

Dass das Resümee des Flughafens Wien und der AUA dennoch positiv ausfällt, dürften einige Passagiere als Hohn empfinden. "Es gibt ein Prozedere für derartige Fälle. Und es hat sich gezeigt, dass das auch funktioniert", sagt eine Airport-Sprecherin. 500 Feldbetten hätte man innerhalb kürzester Zeit aufgestellt. Mehr könne man seitens des Flughafens nicht machen. Aber: Nur wenige Passagiere erfuhren auch, dass es Betten gab.

Und auch die AUA, die verkündete, 900 Kunden in Hotels untergebracht zu haben, bekommt von betroffenen Passagieren ihr Fett ab: "Es war niemand da. Wir haben uns das Hotel selbst organisiert" (siehe Zusatzbericht). Vor allem die fehlenden Informationen sorgten für Unmut bei den Kunden. Die Hotlines waren rasch überlastet und nicht erreichbar.

Die Datenpanne zwischen Austro Control und Eurocontrol trat gegen am Sonntag 17 Uhr auf. Erst gegen 19 Uhr informierte der Flughafen Wien auf Facebook darüber, erst um 20 Uhr die AUA. In der Zwischenzeit waren bereits zahlreiche Passagiere am Flughafen angelangt, konnten zum Teil sogar noch ihr Gepäck einchecken. "Wir konnten nicht früher abklären, wie lange die Krise dauert", sagt Flughafen-Sprecherin Kathrin Hanzl. Man sei in ständigem Kontakt mit Austro-Control und den Fluglinien gestanden. "Die Zusammenarbeit hat super geklappt."

Technik

Bei den "technischen Problemen", die zu den Flugausfällen geführt hatten, handelt es sich um einen Datenausfall. Konkret konnten keine Daten mehr zwischen der Eurocontrol in Brüssel und der Austro Control ausgetauscht werden. Warum, das ist noch nicht klar.

"Betroffen war ganz Österreich. Doch nur in Wien-Schwechat ist es zu Problemen gekommen, bei den anderen Flughäfen gab es keine Verspätungen", sagt Austro-Control-Sprecher Markus Pohanka. Ohne diesen Datenaustausch der Flugpläne dürfen Flugzeuge nicht starten. "Dabei geht es um Informationen, woher das Flugzeug kommt, welche Route es nimmt und die Flughöhe", erklärt Pohanka. Damit können Fluglotsen international die Flugzeuge identifizieren. Durch den Ausfall der Datenleitung mussten diese Informationen händisch eingegeben werden.

Eine Ersatzleitung gibt es zwar, "aber es dauert, bis die aktiviert werden kann", sagt Pohanka. Ein Vorfall dieser Art sei einmalig gewesen. Einen Hacker-Angriff als Ursache schließt man aber eher aus. "Unsere Systeme sind komplett von der Außenwelt entkoppelt und werden permanent überprüft."

Offen ist nun die Frage der Haftung. Eigentlich wenden sich Passagiere in derartigen Fällen an die Fluglinie. Doch in diesem Ausnahmefall, das betonen alle Beteiligten, sei noch juristisch zu klären, wer die Entschädigungen zahlen muss.

Während die Verantwortlichen von einer guten Krisenabwicklung sprechen, schilderten am Montag Betroffene am Flughafen, was sie erlebt haben: "Es war ein einziges Chaos. Tausende Leute waren hier in der Halle. Wir wurden nicht informiert, was überhaupt los ist", erzählt Marianna Jansen. Gemeinsam mit ihrem Mann Richard wartet sie Montagvormittag in einer langen Schlange vor den AUA-Schaltern auf die Umbuchung ihrer Tickets. "Wir sind um 16.40 Uhr aus der Ukraine angekommen und wollten um 19.10 Uhr nach Frankfurt weiterfliegen. Am Gate stand, dass der Flug gestrichen wurde." Personal sei keines zu sehen gewesen. "Es war nur ein Mitarbeiter vor Ort. Die Schalter waren alle nicht besetzt." Also irrten sie ratlos in der Halle umher.

Passagierfrust nach Flughafen-Chaos
Flughafen Chaos
Später wurden Telefonnummern der Airlines verteilt, an die sie sich wenden sollten. Es habe aber niemand abgehoben. "Ich habe den ganzen Abend angerufen, vergeblich." Das Ehepaar hat sich gegen 21.30 eine Unterkunft nahe des Flughafens organisiert und ist mit dem Taxi dorthin gefahren. Kurz nach 22 Uhr waren sie im Hotel, dort ging das Warten weiter: "Wir haben eine Stunde bis zum Einchecken gewartet. Kinder, Ältere, alle waren vom Flughafen gekommen." Seit fünf Uhr früh sind sie wieder auf den Beinen. "Bei der Hotline hat in der Früh noch immer niemand abgehoben."
Passagierfrust nach Flughafen-Chaos
Flughafen Chaos
Auch Franz Georg Gaibler und seine Frau Gabi, die mit ihrer Tochter auf der Durchreise sind, üben Kritik an der Organisation: "Wir sind von Bangkok um 19 Uhr in Wien angekommen und sollten um 20 Uhr den Anschlussflug nach Stuttgart nehmen. Der Flug mit der AUA war super, aber es herrschte das reinste Chaos. Wir haben keinerlei Infos bekommen. Auch dass es Feldbetten gab, wussten wir nicht." Laut Gaibler haben Hunderte in der Abflughalle gewartet. Am späten Abend wurden sie schließlich mit einem Bus in eine Unterkunft nahe dem Flughafen gebracht. "Vor dem Hotel haben schon rund 200 Leute gewartet. Also haben wir uns ein Taxi genommen und sind in ein anderes Hotel in die Stadt gefahren."

Dafür, dass es zu einem Systemausfall kommen kann, zeigen sie Verständnis. Aber "wie damit umgegangen wurde, ist absolut unverständlich."

Bei Verspätungen bzw. Flugausfällen steht den Passagieren Entschädigung zu. Ansprechpartner für Betroffene ist die Fluglinie. Im Streitfall vermittelt die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte, die beim Verkehrsministerium angesiedelt ist. Welche Ansprüche Passagiere haben, ist genau geregelt. Bei Flugverspätungen macht der Betrag zwischen 250 und 600 Euro (je nach Strecke, Anm.) aus. Bei Flugausfällen müssen alternative Beförderungen angeboten werden. Dazu kommen Verpflegung, kostenlose Telefonate, Hotelunterbringungen und Transfers zwischen Flughafen und Hotel. Außerdem steht Passagieren ebenfalls eine Ausgleichszahlung zwischen 250 und 600 Euro zu.

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