Kartnig muss nicht sitzen, "bis er schwarz wird"

Fußfesselträger Hannes Kartnig versteht die Aufregung nicht: "Was ist dabei, wenn ich ins Theater gehe? Ich geh ja in kein Puff!"
Prozess um SK Sturm Graz muss zum Teil wiederholt werden, milderes Urteil für den Ex-Präsidenten.

Dass er beim Passieren der Sicherheitsschleuse im Wiener Justizpalast nach Handy und Schlüsseln auch noch den um seine Leibesfülle geschnallten Gürtel ablegen muss, hat man Hannes Kartnig erspart. Auf seinem Gang ins Gefängnis erwarten den einstigen Präsidenten des SK Sturm Graz aber schlimmere Widrigkeiten; und dass er ihn gehen muss, steht seit Mittwoch fest. Allerdings reduzierte der Oberste Gerichtshof die Zeit, die der passionierte Zigarrenraucher hinter Gittern dunsten muss.
Insgesamt sechseinhalb Jahre Haft hatte Kartnig in 1. Instanz ausgefasst: Drei Jahre wegen Betruges plus zwei Jahre und 6,6 Millionen Euro Geldstrafe bzw. eineinhalb Jahre Ersatzfreiheitsstrafe wegen Steuerhinterziehung. Für seinen Verteidiger Roland Kier steckt hinter der Strafe die Absicht des Gerichts: "Er soll sitzen, bis er schwarz wird."

Dabei habe dieser "Wahnsinnige" aus sportlichem Fanatismus seine private Existenz vernichtet, weil er den Fußballverein in die Champions League führen wollte: „Er hat sich in den Kopf gesetzt: Es muss in der Steiermark einen Fußballmeister geben.“ Und das sei nur möglich gewesen, indem man teure Spieler mit Schwarzgeld bezahlt habe. Bei diesem noblen Motiv gegenüber der Selbstbereicherung der üblichen Wirtschaftsverbrecher müsse eine teilbedingte Strafe für den bis jetzt Unbescholtenen in Betracht kommen.

Kartnig muss nicht sitzen, "bis er schwarz wird"
APA18030174-2 - 23042014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT SI - Ex-SK Sturm Graz-Präsident Hannes Kartnig am Mittwoch, 23. April 2014, vor Beginn der Berufungsverhandlung am Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien. Der Prozess im Fall Kartnig und SK Sturm hatte ein Jahr gedauert und mit der Verurteilung von Kartnig und sieben Mitangeklagten im Februar 2013 geendet. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT

Die Vertreterin des Grazer Finanzamtes entgegnete kühl, Kartnig als Idealisten darzustellen, sei Schönfärberei. Immerhin habe er sich durch Scheinrechnungen Betriebsausgaben des SK Sturm Graz erschlichen.

Und Lebemann Kartnig selbst? Empfindet letztere Bemerkung als "Schweinerei". Vor den Höchstrichtern war er zwar ziemlich kleinlaut, Asche über sich zu streuen ist seine Sache aber nicht: "Es tut mir leid, dass mir einige Fehler passiert sind", mehr Schuldeingeständnis war nicht drin.

Dem 62-Jährigen wurde angelastet, über zehn Millionen Euro Steuern hinterzogen, die Gläubiger des damals längst bankrotten Vereins geschädigt und das Land Steiermark als Bürgen getäuscht zu haben. Sieben Mitangeklagte haben Kartnig dabei unterstützt bzw. gedeckt.

Neue Chance

Dass die Strafen gemildert werden, dafür plädierte sogar Generalanwalt Martin Ulrich. Es müsse den Angeklagten zugute kommen, dass die Verfahrensdauer von acht Jahren ausufernd gewesen sei. Und sie wird noch weiter ausgedehnt: Der OGH schickt den Prozess teilweise zurück an den Start, unter anderem dort wo Kartnig vorgeworfen wurde, gegenüber Fußballverbänden falsche Angaben über den Kartenverkauf gemacht zu haben. Die drei Jahre Haft wegen Betruges wurden aufgehoben, für Kartnig ergibt sich eine neue Chance.

Die Strafe wegen Steuerhinterziehung reduzierte der Senat auf 15 Monate plus 5,5 Millionen Euro Pönale (oder 15 Monate Ersatzarrest), die Möglichkeit zumindest einer teilweisen Verbüßung mit Fußfessel ist für Kartnig damit greifbar. Bei den Mitangeklagten wurden die Strafen teils bestätigt, teils gemildert, teils aufgehoben.

Bilder: Der tiefe Fall des Hannes K.

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STURM GRAZ FEIERT DEN MEISTERTITEL
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Hannes Kartnig vor einer Anhörung im Gericht.
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Es geht ins Finale: Kartnig vor Gericht.
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gericht,katnik,18-11-2014

Wer denkt, dass das Sturm-Verfahren lang dauerte, irrt. Es geht noch länger: Seit 2007 wird rund um den ehemaligen Stadtrivalen des Fußballklubs ermittelt, den GAK. In dem Verfahren gegen ein Dutzend Verdächtige ist noch nicht einmal eine mögliche Anklageerhebung in Sicht.

Dabei sind sich die Verfahren selbst gar nicht so unähnlich. Da wie dort geht es um den Verdacht des Betruges sowie der Steuerhinterziehung durch Schwarzgeldzahlungen an Kicker. Da wie dort ging der Verein pleite: Bei Sturm waren es in der Konkursmeldung elf Millionen Euro Schulden, beim GAK gut das Doppelte. Da wie dort stehen die (Ex-)Präsidenten der Klubs ganz oben auf der Liste der Verdächtigen: Die früheren GAK-Präsidenten Rudi Roth, Stephan Sticher und Harald Sükar beteuern jedoch, die Vorwürfe seien falsch. Ex-Präsident Peter Svetits ebenso: Er war der Einzige, der 2011 eine Woche lang in U-Haft saß. Dagegen klagte der 56-Jährige die Republik zivilrechtlich. Für alle Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.

Wechsel

Einer der Gründe für die langen Ermittlungen liegt auch im Gutachter-Wechsel. Die Verteidigung kickte nämlich Fritz Kleiner hinaus: Um jede Art von Befangenheit auszuschließen schickte ihn die Justiz 2012 vom Spielfeld. Sein Nachfolger Thomas Keppert musste quasi neu beginnen, sein Gutachten wird laut Staatsanwaltschaft Graz jedenfalls heuer vor dem Sommer erwartet.

Für einen möglichen Strafprozess heißt das, dass er frühestens 2015 stattfinden könnte acht Jahre nach Ermittlungsbeginn.

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