Nach Putschversuch: Drohungen gegen andersdenkende Türken

Demo am Samstag: Die Polizei musste ein kurdisches Lokal schützen.
Anhänger der Gülen-Bewegung sind besorgt. Eine ihrer Schulen wurde bereits mit Steinen attackiert.

Nach den Pro-Erdogan-Demos sorgen sich „andersdenkende“ Türken in Österreich um ihre Sicherheit. Insbesondere unter den Anhängern von Fethullah Gülen – der islamische Prediger wird vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beschuldigt, hinter dem Putschversuch zu stecken – fürchtet man gewaltsame Übergriffe. Auf eine Schule in Wien wurde bereits ein Anschlag mit Steinen verübt, eine Zeitungsredaktion sah sich mit Drohungen konfrontiert. Die Polizei bestätigt dahingehende Anzeigen.

Telefonterror

Seinen Namen oder sein Foto will keiner der Gülen-Befürworter in der Zeitung sehen. Man wolle kein Risiko eingehen, wird erklärt. Gegenüber dem KURIER berichtet ein Mitarbeiter der Zeitung Zaman aber von Einschüchterungsversuchen über Facebook und Telefon. „Am Samstag wurden wir angerufen und aufs Übelste beschimpft: ,Wir werden euch zeigen, was Verrat heißt. Wir werden euch umbringen‘, hieß es da. Und: ,Ihr arbeitet für Israel' oder ,Ihr arbeitet für die USA‘“, berichtet der Redakteur von „völlig wirren Drohungen“. Die Redaktion erstattete Anzeige.

Nicht minder besorgt zeigt man sich beim Gülen-nahen Verein Phönix, der in Favoriten eine Volksschule, eine Neue Mittelschule sowie ein Realgymnasium samt Kindergarten betreibt. Bei Letzterem flogen am Wochenende Steine durch zwei Fenster des Speisesaals. Verletzt wurde dabei niemand. Dem Vandalismus seien Drohungen auf Facebook vorangegangen, berichtet der Vereinsobmann. Auch in diesem Fall wurde Anzeige erstattet.

Beim „Friede-Institut für Dialog“, das sich als Teil von Gülens „Hizmet“-Bewegung versteht – und wo man den Putschversuch in der Türkei „aufs Schärfste“ verurteilt – sieht man eine Teilschuld an den Aggressionen bei der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Die verbreitete über Facebook ja einen Appell der türkischen Polizei, „terroristische Inhalte“ zu melden. Zudem wurde dazu aufgerufen, jene anzuzeigen, die Gülen unterstützen.

„Wir sind in erhöhter Sorge um unsere Sicherheit“, sagt ein Vorstandsmitglied des Friede-Instituts. Die türkische Politik möge doch bitte nicht nach Österreich importiert werden.

„Vandalen bestrafen“

Derselben Ansicht ist auch einer, dessen Vereinsmitglieder mitunter anderer Meinung sein dürften: Baki Uslu, Vizechef der Türkischen Föderation – die der rechten, nationalistischen MHP (den „Grauen Wölfen“) nahesteht. Man habe die Einladung der UETD, an den Demos teilzunehmen, abgelehnt, „weil wir nicht türkische Politik in Österreich machen wollen“.

Wer mit der Demokratie hier unzufrieden sei, dürfe das Land gern verlassen, sagt Uslu. Und wer anderen Schaden zufüge, gehöre bestraft – wie jene Vandalen, die im Zuge der Demos den Gastgarten eines kurdisches Lokal in der Mariahilfer Straße demolierten. „Das tut mir leid, dass das passiert ist. Ich gehe dort gern essen und kenne den Chef gut.“ Dass Mitglieder der Türkischen Föderation dafür verantwortlich sind, glaubt Uslu nicht.

Bei der Polizei ermittelt man zurzeit gegen Unbekannt. Weiters gehe man „zwei bis drei“ Körperverletzungen nach, an denen Demo-Teilnehmer beteiligt gewesen sein könnten. Und auch nach §2 des Veranstaltungsgesetzes erfolgte eine Anzeige. Da die Demos nicht angemeldet waren, werde ebenfalls gegen Unbekannt ermittelt, sagt ein Polizeisprecher – und gegen die UETD.

Kommentare