Nach Messerattacke: Wiener Spitäler planen Risikoanalyse

Nach Messerattacke: Wiener Spitäler planen Risikoanalyse
Sicherheitsschleusen - wie sie zuletzt die Ärztekammer forderte - wird es vorerst nicht geben.

Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) wird in den kommenden Wochen in den Gemeindespitälern eine umfassende Risiko- und Sicherheitsanalyse durchführen. Das bist das Ergebnis der Aufarbeitung des Messerangriffs auf einen Spitalsarzt im Kaiser-Franz-Josef-Spital (KFJ), die am Freitag mit Experten stattgefunden hat.

Die Konferenz habe ergeben, dass bei dieser Attacke die Alarmierung "perfekt" funktioniert habe, erklärte KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb im Anschluss vor Journalisten. Der Vorfall hätte nicht verhindert werden können, betonte sie.

Denoch soll nun mithilfe der Polizei eine Risikoanalyse eingeleitet werden. In den Wiener Spitälern gebe es bereits zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen - Videokameras, Notfallschlösser, Panikknöpfe sowie Trainings und Schulungen des Personals. Diese sollen nun mit Sicherheitsexperten der Polizei neu bewertet werden.

Befragung in Ambulanzen geplant

Besonderes Augenmerk soll auf der Situation in den Ambulanzen liegen, hieß es. Geplant sei, die Wartebereiche genau zu analysieren und sowohl die Mitarbeiter, als auch die Patienten zu befragen. Es gehe darum, herauszufinden, was dort anstregend sei oder Stress verursache, erklärte Gewaltpräventionsexperte Harald Stefan.

Beginnen soll die Untersuchung noch im Sommer. Wann es Ergebnisse geben wird, konnte Kölldorfer-Leitgeb am Freitag noch nicht sagen.

Vorerst keine Sicherheitsschleusen

Auf jeden Fall werde nach der Analyse ein Bündel von Maßnahmen beschlossen, versprach die Generaldirektorin. Sicherheitschleusen, wie sie Vertreter der Ärztekammer zuletzt gefordert hatten, seien zwar nicht ausgeschlossen. Aber: "Man muss sich anschauen, ob das an einem Ort, wo auch Notfallpatienten hinein müssen, sinnvoll ist." Das werde die Untersuchung zeigen.

Eine weitere Maßnahme könnte sein, dass die niedergelassenen Mediziner die Krankenhäuser entlasten. Denn man beobachte eine Zunahme von Patienten in den Ambulanzen. „Wir sind mit riesigen Patientenströmen konfrontiert“, sagte Kölldorfer-Leitgeb.

Kammer pocht auf mehr Personal

Dass eine solche Umlenkung von Patientenströmen gelingen werde, bezweifelt Wolfgang Weismüller, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer. Aus seiner Sicht wäre mehr Personal die bessere Lösung.

„Wenn der KAV sein Sicherheitskonzept analysiert, ist das schon ok. Aber es wäre längst an der Zeit, zu handeln“, sagt er. Zusätzliche Mediziner bedeuten geringere Wartezeiten und damit ein geringeres Risiko für Aggressionen. In einem ersten Schritt brauche es in den Wiener Gemeindespitalern 300 zusätzliche Ärzte.

Und die würde Weismüller auch Detektoren an den Eingängen vorziehen: „Mehr Ärzte sind mir lieber als Sicherheitsschleusen.“

Arzt aus Spitalspflege entlassen

Anlass für die Ankündigung des KAV war eine Messerattacke im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital (KFJ) in Favoriten. Ein 33-jähriger Mann hatte sich dort vergangene Woche in einen Wartesaal gesetzt. Als der behandelnde Arzt erschien, zückte er plötzlich ein Messer und verletzte den 64-jährigen Kardiologen damit lebensgefährlich.

Der Mediziner wurde notoperiert und überlebte - er konnte das Spitalsbett mittlerweile verlassen.

Als Motiv gab der Tatverdächtige an, Stimmen gehört zu haben. Er stammt aus Sierra Leone und lebt seit 2004 in Österreich. Der Mann ist in U-Haft.

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