Wien: Anklage gegen US-Rapper Gibbs eingebracht

US-Rapper Freddie Gibbs
Der 34-Jährige soll sich nach einem Gig im Wiener Nachtklub "Grelle Forelle" an einer Frau vergangen haben.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat gegen den US-Rapper Freddie Gibbs Anklage erhoben. Er steht im Verdacht, sich am 6. Juli 2015 nach einem Gig in einem Wiener Nachtklub an einer Frau vergangen zu haben.

Die Anklage wurde gestern, Dienstag, beim Straflandesgericht eingebracht, teilte Gerichtssprecher Thomas Spreitzer am Mittwochnachmittag bekannt.

Gibbs wird allerdings nicht Vergewaltigung, sondern sexueller Missbrauch einer wehrlosen Person (Paragraf 205 Absatz 1 StGB) vorgeworfen. Er soll den angeschlagenen Zustand der Frau - möglicherweise hatte man ihnen nach dem Gig in der "Grellen Forelle" im Backstage-Bereich K.o.-Tropfen verabreicht - ausgenützt haben, um sie mit seiner Crew ins Hotel zu bringen. Dort soll diese von Gibbs und seinem Leibwächter missbraucht worden sein, was der Musiker vehement bestreitet.

"Es gibt keine objektivierten Beweise, dass Freddie Gibbs mit dieser Frau überhaupt Sex gehabt hat", betonte Thomas Kralik, der Wiener Anwalt des US-Rappers. Laut Anklage soll sich der Musiker im Unterschied zu seinem Leibwächter - dieser befindet sich in den USA und ist für die Wiener Justiz deshalb nicht greifbar - nur an einer der beiden Frauen vergangen haben. Gibbs behauptet, er wäre den Frauen körperlich nicht näher gekommen und hätte ihnen auch keine Mittel überlassen bzw. verabreicht.

"Unabhängige Zeugen wie der Rezeptionist des Hotels und ein Hotelgast haben ausgesagt, dass die Frauen gut drauf waren, aber durchaus noch in der Lage gewesen sind, auf eigenen Beinen zu gehen", so Verteidiger Kralik. Inwieweit sie dessen ungeachtet durch den Konsum von Drogen oder sonstiger Substanzen beeinträchtigt waren, hätte sein Mandant nicht abzuschätzen vermocht.

Den Ermittlungen zufolge soll der Leibwächter im Hotel mit beiden Frauen geschlechtliche Handlungen vorgenommen haben. "Eine der beiden hat acht Monate später ausgesagt, dass sie sich plötzlich auch daran erinnern kann, dass etwas mit Freddie Gibbs war", erklärte Kralik. Sogenannte Flashbacks sollen demnach bewirkt haben, dass bei der Betroffenen wieder die Erinnerung einsetzte.

Freddie Gibbs hätte rund ein Jahr später erneut in Wien auftreten sollen - der am 26. Mai angesetzte Gig in der "Grellen Forelle" wurde allerdings kurzfristig abgesagt. Der Veranstalter machte "gesundheitliche Gründe" geltend, Freddie Gibbs selbst führte "Transportprobleme" ins Treffen. In Wahrheit dürfte der Rapper von den gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen Wind bekommen und befürchtet haben, er könnte in Wien festgenommen werden.

Die Wiener Anklagebehörde beantragte daraufhin die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls. Dieser wurde am 31. Mai vom Wiener Straflandesgericht bewilligt und am 2. Juni in Toulouse vollzogen, wo Gibbs im Rahmen seiner "Shadow Of A Doubt"-Tour gastieren hätte sollen. Sein mitbeschuldigter Security war dieses Mal nicht mit nach Europa gekommen. Gibbs wurde am 31. Juli nach Österreich ausgeliefert, seither befindet er sich in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft.

Die Anklage ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Kralik hat zwei Wochen Zeit, um diese zu beeinspruchen, was den Prozess verzögern würde. Für das inkriminierte Delikt sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor.

Gangsta-Rapper pflegen ihren Ruf. Das gilt für ihre Texte, aber auch im Privatleben. Probleme mit der Polizei gehören da quasi zur Image-Pflege. Der Vorwurf gegen den US-Rapper Freddie Gibbs, den ein Wiener Staatsanwalt, gestützt auf die Aussage eines Opfers erhebt, geht weit über diese Bagatellgrenze hinaus: Die junge Frau behauptet, der in Wien inhaftierte 34-Jährige habe sie mit einer Substanz betäubt und anschließend im Zimmer seines Hotels vergewaltigt.

Für den US-Musiker steht viel auf dem Spiel: die Tournee; seine Karriere; und seine Freiheit – ihm droht eine langjährige Haftstrafe. Geht es nach seinem Wiener Anwalt Thomas Karlik, wird es nicht so weit kommen: "Es gibt keinen einzigen objektiven Beweis, dass mein Mandant etwas damit zu tun hat", sagt Karlik. Deshalb will er in der U-Haft-Verhandlung auf seine Freilassung drängen.

Vier-Augen-Delikt

Der Fall zeigt einmal mehr, wie schwer Vier-Augen-Delikte zu ermitteln sind: Nach dem Konzert am 6. Juli 2015 im Wiener Club Grelle Forelle durften zwei junge Frauen hinter die Bühne. Sie wurden mit Getränken versorgt, bis die Erinnerung der beiden verblasst. Sie können sich ihre Filmrisse nur durch beigemischte, flüssige Drogen erklären. Ein Überwachungsvideo zeigt später den Musiker, seine Entourage und die mutmaßlichen Opfer im Hotel.

Karliks Schilderung weicht von der bisherigen ab: Zwei Tage später zeigen die Frauen den Bodyguard des US-Rappers wegen Vergewaltigung an. Von Gibbs ist keine Rede, bis acht Monate nach dem Vorfall eine der beiden angibt, sich an Bilder aus der Nacht und an den wahren Täter, nämlich an Gibbs, erinnern zu können.

Wien: Anklage gegen US-Rapper Gibbs eingebracht
ABD0041_20160303 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Oberste Gerichtshof (OGH) muss heute, Donnerstag, 3. März 2016, entscheiden, ob es beim Freispruch für den ehemaligen FPÖ- und BZÖ-Politiker Peter Westenthaler bleibt. Ein Wiener Schöffensenat hatte im vergangenen März keine ausreichenden Beweise gefunden, um den 48-Jährigen in seinem Prozess wegen schweren Betrugs und Untreue als Beteiligter schuldig zu erkennen. Im Bild: Peter Westenthaler mit Anwalt Thomas Kralik (R.) vor Beginn des Prozesses im Justizpalast in Wien. - FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER
Mediziner und Polizisten bemühen sich noch, Spuren zu sichern. Aus Sicht der Opfer ist das zu spät, denn K.O.-Tropfen verflüchtigen sich im Körper rasch. "Weder DNA meines Mandanten noch K.O.-Tropfen wurden gefunden", betont Karlik.

Der Staatsanwalt wollte Gibbs’ nächsten Auftritt in Wien nutzen, um ihn festnehmen zu lassen. Doch der Musiker sagte den Termin ab. Sein per Haftbefehl gesuchten Bodyguard ist in den USA. Nach seiner Festnahme in Toulouse bekämpfte Gibbs juristisch die Auslieferung nach Österreich, konnte sie aber nur verzögern.

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