Wiens Superspital ist auf Schiene

KHN, Krankenhaus Wien Nord, Baustelle, Musterzimmer im Infocenter
Strenge Kontrollen, damit 825-Millionen-Projekt nicht zum Finanzdebakel wird.

Zuletzt sorgte die Baustelle auf dem ehemaligen ÖBB-Areal durch den Fund explosiver Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg für Schlagzeilen. Nach der Grundsteinlegung im September soll hier bis 2015 das Krankenhaus Nord entstehen – das Herzstück der Wiener Spitalsreform. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem 825 Millionen Euro schweren Projekt.

Wie sieht der Fahrplan bis zur Eröffnung aus?

In etwas mehr als zwei Jahren, 2015, erfolgt die technische Inbetriebnahme, sagt Sylvia Schwarz, die interimistische ärztliche Leiterin des neuen Spitals. Darunter fällt unter anderem die Anbindung an das Energienetz. 2015 erfolgt auch die Bildung der Teams sowie deren Einschulung. Mitte 2016 sollen dann sämtliche Patienten und Mitarbeiter in das KH Nord übersiedeln. Schwarz: „Das wird innerhalb von rund 14 Tagen erfolgen.“

Wie funktioniert die Verlegung der Spitalsabteilungen in das KH Nord?

In das neue Krankenhaus werden das KH Floridsdorf, die Semmelweis-Frauenklinik und das Orthopädische Krankenhaus Gersthof komplett übersiedeln. Weiters kommen Abteilungen des Otto-Wagner-Spitals und des Krankenhauses Hietzing dazu. Enge Kooperationen wird es zudem mit dem Donauspital geben. „Wir sind schon jetzt dabei, die möglichen Synergien herauszufiltern“, sagt Primar Walter Hruby, der die Koordination zwischen KH Nord und Donauspital übernommen hat.

Wiens Superspital ist auf Schiene
Sylvia Schwarz, Krankenhaus Nord

Welche medizinischen Besonderheiten weist das neue Spital auf?

Dazu zählt unter anderem das interdisziplinäre Notfall-Zentrum mit 18 Fachärzten und 22 Betten. Pro Tag sollen hier stündlich 18 bis 20 Patienten (tagsüber) bzw. drei bis fünf (in der Nacht) versorgt werden. „Anders als bisher üblich müssen die Notfall-Patienten nicht mehr auf die einzelnen Stationen aufgeteilt werden. Das ermöglicht einen ruhigeren Betrieb vor allem in der Nacht“, sagt Schwarz.

Die Fachambulanzen sind hingegen vor allem für Patienten mit nicht akuten Beschwerden vorgesehen, die einen Termin vereinbart haben.

Ergänzend zum Spitalsangebot sollen in einem eigenen Gebäude auf dem Spitalsgelände niedergelassene Ärzte mit ihren Ordinationen angesiedelt werden.

Wie sollen Verzögerungen und eine Kosten­explosion beim Bau verhindert werden?

Anders als bei vergleichbaren Großprojekten hat der Bauherr, der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), darauf verzichtet, einen Generalunternehmer für die Abwicklung des Projekts zu beauftragen. Stattdessen werden die einzelnen Bauarbeiten gewerkeweise vergeben. Das soll Kosten sparen. Die örtliche Bauaufsicht führt ein strenges begleitendes Controlling durch, um zu verhindern, dass es zu Verzögerungen und Kostenüberschreitungen kommt, betont man beim KAV.

Wie wird die Verkehrs­anbindung aussehen?

Dass das neue Spital nicht von der U-Bahn angesteuert wird, stieß bereits in der Planungsphase auf massive Kritik. „Die baulichen Voraussetzungen für eine mögliche Verlängerung der U6 gibt es jedenfalls“, sagt Gabriele Jordan, Leiterin des Infocenters. Doch auch mit der S-Bahn sei das KH Nord in 14 Minuten von Wien-Mitte erreichbar. Die Station Brünner Straße bekommt einen eigenen Aufgang. Zusätzlich rücken die Haltestellen der Bim-Linien 30 und 31 näher an das Krankenhaus heran. Für Besucher, Patienten und Mitarbeiter gibt es 1085 Garagenstellplätze.

Kostenexplosionen sind bei öffentlichen Bauwerken keine Seltenheit. Mit dem Skylink-Debakel auf dem Flughafen Wien-Schwechat wurde nicht nur viel Geld, sondern auch ein neues Denkmal für Bauskandale in den Sand gesetzt: Statt der im Jahr 2002 geplanten 360 Millionen wird das Terminal 3 in der Endabrechnung rund 850 Millionen Euro, also 2,4-mal so viel wie geplant, kosten. Um nicht in tiefe Depressionen zu verfallen: Es gibt auch löbliche Ausnahmen. So etwa konnte etwa die Wiener Hauptbibliothek der Planer Ernst Mayr und Hans Spreitzer exakt zu den Planungskosten von 28 Millionen Euro endabgerechnet werden. Trotz Terminverzögerung durch Firmenkonkurse. Das Geheimnis: grundsolide Planung ohne ständige Planänderungen.

Dass dies auch anderswo funktioniert, beweisen die ebswien mit der Hauptklär­anlage und die Müllverbrennung Pfaffenau. Auch hier blieb man mit jeweils rund 220 Millionen Euro im Kostenrahmen – und im Zeitplan. Zwei gegenteilige Ausreißer: Die Sanierung der Hauptfeuerwache am Hof hat statt geplanter 16,8 stolze 40,8 Millionen Euro gekostet. Die fast 300-prozentige Kostensteigerung konnte dem Kontrollamt auch mit dem Bau einer Tiefgarage nicht schlüssig erklärt werden.

Auch der Prater-Vorplatz steht auf der „bad list“. Der Stadt hat das Debakel statt 15 Millionen Euro Förderung nach dem Konkurs einer eigens dafür gegründeten Planungsfirma – ohne Ausschreibung und an der Bauordnung vorbei – immerhin stolze 40 Millionen gekostet.

Damit das beim Krankenhaus Nord nicht passiert, hat KAV-Generaldirektor Wilhelm Marhold die Sache „selbst“ in die Hand genommen: „Es hat sich bewährt, dass wir größere Projekte einzeln vergeben, um damit auch den Wettbewerb zu nutzen. Wir sind derzeit voll im Termin- und Kostenplan.“

Was zu überprüfen ist, wenn das Krankenhaus 2015 fertig sein wird. Geplant sind derzeit 825 Millionen Euro.

Wiens Superspital ist auf Schiene

Kommentare