Kleinparteien ändern ihre Wahlkampfstrategien

Während Pink ind Schwarz beim Flüchtlingsthema nachschärfen, bleiben Maria Vassilakous Grüne ihrer bisherigen Linie treu: Sie wollen "Zuversicht vermitteln".
In Wien ziehen ÖVP und Neos ihre Konsequenzen aus der OÖ-Wahl - und schärfen beim Asylthema nach. Einzig die Grünen reagieren gelassen.

Zwei Parteien wird das Wahlergebnis aus Oberösterreich helfen“, analysiert Politikberater Thomas Hofer. „Der FPÖ, weil sie vom Sieger-Image profitieren kann. Und der SPÖ, weil sich Bürgermeister Michael Häupl als „guter Hirte“ rund um das Flüchtlingsthema darstellt und inhaltlich ganz bewusst die Kontra-Position zu Heinz Christian Strache einnimmt.“

Der Wahlkampf spitzt sich immer mehr auf ein direktes Duell SPÖ gegen FPÖ, bzw. Häupl gegen Strache zu. „Die SPÖ wird verlieren“, prognostiziert Hofer. Aber: „Michael Häupl wird die Verluste zumindest teilweise kompensieren können.“ Denn abgesehen von den „echten Hardcore-Wählern“ kämen Stimmen vom „Soft Support“ dazu.
Der „Soft-Support“, das sind unter anderem taktische Wähler. Grün-Wähler könnten sich umentscheiden und doch SPÖ wählen. „Einfach weil sie Strache verhindern wollen“, erklärt Hofer. Deshalb und aufgrund der Befürchtung, eine verlorene Stimme abzugeben, könnten auch Wähler der Neos und der links-katholische Flügel der VP-Wähler SPÖ wählen. „Häupl ist als Person für diese Gruppen wählbar.“

Und genau das ist das Problem der kleineren Parteien – also der Grünen, Neos und ÖVP – die nun im Match Blau gegen Rot zerrieben würden. „Ihre Themen drohen unterzugehen“, sagt Hofer.

Nachjustierungen

Das haben auch die Besagten realisiert. Die Neos und die ÖVP wollen deshalb ihre Wahlkampfstrategien anpassen. Die Pinken werden ihre Wahlkampf-Strategie „nachschärfen“, kündigt Wahlkampfleiter Peter Puller an.

„Wir werden jetzt ganz intensiv darauf setzen, dass nur eine neue Kraft Strache stoppen kann.“ Einen Blick auf die neuen Plakate konnte man bereits am Montag auf der Homepage der Neos und auf deren Facebook-Seite erhaschen. Spitzenkandidaten Beate Meinl-Reisinger begibt sich wieder in Fight-Club-Pose.

Auch die ÖVP justiert beim Wahlkampf nach. Zumindest ein bisschen. Zwar werden die klassische schwarzen Themen, Autofahrer, Gymnasium und Wirtschaft weiter plakatiert, allerdings holt man für den Endspurt die Minister Schelling, Mitterlehner und Kurz ins Boot.

Kleinparteien ändern ihre Wahlkampfstrategien
honorarfrei. ÖVP Wien, Sebastian Kurz, Manfred Juraczka, Wien wählt, Wien Wahl 2015
Die beiden Letzteren sollen für eine „vernünftige Integrationspolitik“ werben. Dass die Minister plakatiert werden, sei immer klar gewesen, nur die Themen dazu hätten sich etwas angepasst, sagt Alexander Biach, Wahlkampfmanager der Wiener VP. „Die Einzelmobilisierung über unsere Kernthemen funktioniert, aber natürlich gehen diese im Asylthema unter.“

„Stimmung ist anders“

An ihrer bisherigen Linie fest halten dagegen die Wiener Grünen. Beim Flüchtlingsthema sehen die Wahlwerber von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou keinen akuten Handlungsbedarf. „Wir vermitteln auch weiterhin Zuversicht. Da gibt es keine großen Auffassungsunterschiede zur SPÖ“, sagt Landessprecher Georg Prack. „In Wien ist die Stimmung anders als in Oberösterreich. Denn die Stadt managt die Flüchtlingsströme besser.“

Wenn die Wahl vom Sonntag für die Grünen eines zeige, dann „dass es auf jede einzelne Stimme ankommt“. „Wer Rot-Grün haben will, muss Grün wählen“, appelliert Prack vor dem Urnengang. Jede Stimme für die Neos sei eine verschenkte. Dass alles auf ein Duell Rot gegen Blau zuläuft, tangiert die Grünen nur peripher. „Was zählt, ist der Tag nach der Wahl – dann geht es um Koalitionen.“ Und für Prack ist klar: „Häupl bleibt Bürgermeister.“

Einen „Kriminalfall“ wollen die „Wir für Floridsdorf“(WIFF)-Bezirksräte Hans Jörg Schimanek und Ossi Turtenwald aufgedeckt haben: Beim Stammersdorfer Heeresspital sollen angeblich bis zu 600 Flüchtlinge untergebracht werden. Und zwar „in 23 Großraumzelten, die gemeinsam mit 600 Feldbetten in der Großgarage der Kaserne versteckt lagern“.

Schuld an allem wäre Bürgermeister Michael Häupl, behauptet Schimanek. Dieser habe „den Befehl“ gegeben, die Zelte „frühestens ab 12. Oktober“ – also nach der Wahl – zu aktivieren.

„Das ist völliger Quargel“, kontert Wiens Flüchtlingskoordinator Peter Hacker. Die Linie der Stadt laute nach wie vor: „Keine Zelte!“ Dafür gebe es „überhaupt keinen Grund, wenn sich alle anstrengen“. Allein in der Nacht auf Montag seien in Wien wieder 7000 Menschen auf der Durchreise in festen Gebäuden untergebracht worden.

Auch beim Militärkommando Wien enttarnt man die WIFF-„Enthüllung“ als politisch motivierte Falschmeldung. Zwar habe es am 11. September eine Begehung des Areals gegeben, um für den äußersten Notfall einen „Plan Z“ zu haben, erklärt Presse-Offizier Stefan Koutnik – seither habe sich aber viel getan: Jene 300 – und nicht 600 – Feldbetten, die in die Kaserne geliefert worden waren, wurden mittlerweile auf andere Flüchtlingsquartiere aufgeteilt. Der Großteil ging ins Geriatriezentrum Lainz. Falsch sei auch die Anzahl der Zelte. Einige würden zwar in der Kaserne lagern – „aber bei weitem nicht für 600 Leute“.

Und auch besagten Häupl-Befehl gebe es nicht. Zumal ab 1. Oktober das Durchgriffsrecht des Bundes Gesetzeskraft erlange.

Junge würden SPÖ wählen

Apropos Häupl: Würden am 11. Oktober nur 16- bis 29-Jährige wählen, müsste die SPÖ weniger zittern: Denn 34 Prozent würden sich laut einer Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung für die Bürgermeister-Partei entscheiden. An zweiter Stelle rangieren bei den Jungen die Grünen (21 Prozent). Die FPÖ muss sich mit 19 Prozent und Platz drei begnügen.
Die Neos überholen die ÖVP: In der Umfrage unter 400 Jungwählern verzeichnen die Pinken sieben Prozent, während die Stadt-Schwarzen gerade einmal auf vier Prozent kommen.

Kleinparteien ändern ihre Wahlkampfstrategien
Michael Häupl ist sauer.
Würde der Stadtchef direkt gewählt, fiele das Ergebnis für die SPÖ sogar noch günstiger aus: 43 Prozent würden dem Bürgermeister ihre Stimme geben. Vor allem bei jungen Männern kommt Michael Häupl gut an. „Wer ihn wählt, ist auf der Suche nach einer strengen Vaterfigur, die streng, aber gerecht regiert“, erläutert Bernhard Heinzlmaier vom Institut für Jugendkulturforschung.

HC Strache wollen die meisten Jungwähler trotz hoher Sympathiewerte nicht auf dem Bürgermeister-Sessel sehen. Er diene eher als „Knüppel aus dem Sack“, durch den die Eliten der anderen Parteien zwar abgestraft, aber nicht ersetzt werden sollen, analysiert Heinzlmaier.

Thematisch ist die Flüchtlingsproblematik auch bei Jungwählern beherrschend. Die größte Lösungskompetenz wird der SPÖ zugetraut.

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