Kirche will 1000 Flüchtlinge in Erzdiözese Wien aufnehmen

Dompfarrer Toni Faber zeigte mögliche Räumlichkeiten für die Aufnahme von Flüchtlingen.
In 650 Pfarren werden Kapazitäten geprüft. Kardinal Schönborn sieht noch "Luft nach oben".

1000 Flüchtlinge sollen bis Ende September in der Erzdiözese Wien ein Obdach finden. Die überraschende und gleichzeitig sehr engagierte Ankündigung von Kardinal Christoph Schönborn in der ZiB 2 von Dienstagabend löste in der Diözese mit 650 Pfarren schon ab Mittwochfrüh emsige Betriebsamkeit aus.

Der Kardinal selbst durchstreifte mit Bauprofis die Räumlichkeiten der Kirchenzentrale in der Wollzeile, der Dompfarre sowie des Domkapitels am Stephansplatz um sich ein Bild des Machbaren zu verschaffen. "Es ist noch Luft nach oben. Wir bemühen uns rund um den Stephansplatz Quartiere aufzutreiben", sagt Schönborn.

Zuflucht in Dompfarre

Der KURIER sprach mit Dompfarrer Toni Faber, dem Hausherren in der Dompfarre: "Alleine in der City haben wir 20 Kirchen mit Pfarren. Und in der Dompfarre sollen zehn Asylwerber ein Quartier bekommen." Faber ließ auch hinter die Mauern des kirchlichen Alltags blicken: "Alle Räume hier sind genutzt. Etwa durch Priester-Wohnungen oder Schulungs- räume. Wir haben hier keinen Hotelbetrieb. Zurzeit wird geprüft, wo und wie viele Toiletten und Duschen errichtet werden müssen."

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Die Kritik an der römisch-katholischen Kirche, christliche Flüchtlinge zu bevorzugen, entkräftete Faber: "Das sind Menschen und Kriegsflüchtlinge. Hier bekommt die Not ein Gesicht. Der Glaube ist kein Kriterium für eine Unterbringung."

Faber betonte auch, dass für aufgenommene Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf nur der erste Schritt sein kann: "Es müssen Sprachkurse sowie Schul- und Kindergartenplätze plus Betreuung organisiert werden." Auch bei diesen Punkten starteten bereits Mittwoch die Evaluierungen.

Betreffend der 650 Pfarren in der Erzdiözese Wien werden in den kommenden Tage interne Gespräche geführt, welche Kapazitäten zu nutzen sind. Schönborn erklärte in der ZiB 2, dass er keine "Befehlsgewalt" über Pfarren habe und nur Empfehlungen aussprechen kann. Das gelte auch für Klöster. Von der Regierung forderte er eine schnellere Asyl-Gewährung für syrische Kriegsflüchtlinge: "Warum lässt man sie eine mühsame Prozedur durchlaufen, wenn 99 Prozent ohnehin Asyl bekommen?"

Weitere Aufgriffe

In Wien wurden in der Nacht auf Mittwoch wieder drei Schlepper festgenommen. Sie versuchten, 18 Menschen, darunter fünf Kleinkinder, nach Deutschland zu schmuggeln.

"Jeden Tag hört man die Meldungen, dass Flüchtlinge obdachlos sind. Die behördlichen Verfahren sollten dann ja wohl rascher gehen", sagt Marlies Radl von der Pfarre Rodaun in Wien-Liesing.

Die Pfarre will 16 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen und hat dazu am 6. August einen Bauplan für acht mobile Wohneinheiten, also Container, bei der MA 37, der Baupolizei, eingereicht. Der Termin der Bauverhandlung wurde für 30. September anberaumt.

"Warum erst so spät? Die Anrainer haben uns schon zugesagt, dass sie den Bau unterstützen", sagt Petra Kollars von der Pfarre Rodaun.

"Wir können uns nicht darauf verlassen, was die Anrainer einfach so sagen", sagt Gerhard Cech, Leiter der Wiener Baupolizei. Die Anrainer müssten Zeit zur Vorbereitung auf die Bauverhandlung bekommen. Sechs Monate hat die MA 37 nach der Bauverhandlung Zeit, den Bescheid auszustellen. "Diese Frist schöpfen wir aber nicht aus. Der Bescheid folgt unmittelbar, meistens ein bis zwei Wochen nach der Verhandlung", sagt Cech.

Doch die Freiwilligen der Pfarre Rodaun fühlen sich in ihrem Engagement gehemmt. "Wir fühlen uns machtlos. Wir wollen helfen, aber wir müssen den gesamten behördlichen Kauderwelsch bewältigen", sagt Kollars.

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