Kampf um die Unentschlossenen

Zielgerade: Mit einem Bobbycar-Rennen wollen die Jungen Grünen die Fußgängerzone den noch skeptischen Anrainern schmackhaft machen
Nach dem Beginn der Befragung starten Gegner und Befürworter ihre Schlussoffensive

Am ersten Tag der Befragung zur Mariahilfer Straße ließ Wiens VP-Chef Manfred Juraczka erstmals mit einer konkreten Empfehlung aufhorchen: Da sich zwei Drittel der Unternehmer im 6. und 7. Bezirk gegen die Verkehrsberuhigung aussprechen (siehe unten), sagte er am Montag gegenüber Journalisten: "Bei diesen Vorbehalten der Unternehmer kann ich niemandem die Antwortmöglichkeit A empfehlen." Dies wäre "Selbstmord mit Anlauf".

Am Montag wurde nach Kräften in Sachen "Mariahilfer Straße" mobilisiert: Die ÖVP präsentierte nach Wirtschaftskammer und Wirtschaftsbund das Ergebnis ihrer eigenen Unternehmerbefragung.

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Johann Gudenus , FPÖ , Mariahilferstraße
Mit einem Infostand auf der Mariahilfer Straße machte indes die FPÖ gegen die Fußgängerzone mobil. "Das Chaos muss ein Ende haben", wettert Klubobmann Johann Gudenus. Er fordert einen sofortigen Stopp des "rot-grünen Prestigepfuschs" auf der Einkaufsmeile. Diese solle wieder rückgebaut und das Geld in sinnvollere Projekte investiert werden.

Auch Anrainer-Bürgerinitiativen gehen in die Schlussoffensive: Für Dienstagabend lädt die Initiative "Gegen Mariahilferstraßenumbau" zu einem Diskussionsabend ins Plutzer Bräu am Spittelberg (18.45 Uhr).

Zweckoptimismus

Zu den Prognosen: Auf Radio Wien übten sich die Bezirksvorsteher von Mariahilf und Neubau – Renate Kaufmann (SP) und Thomas Blimlinger (G) – am Montagmittag einmal mehr in Zweckoptimismus. Die Befragung werde positiv (also pro Verkehrsberuhigung) ausgehen, meinte Kaufmann. "Nicht überwältigend, aber positiv."

Zumindest dann, wenn "die ganzen jüngeren Leute, die das Projekt toll finden, auch tatsächlich den Stimmzettel ausfüllen und einwerfen", wie Grün-Doyen Alexander Van der Bellen sagt. Die Grünen setzen daher alles daran, die rund 25 Prozent Unentschlossenen unter den Teilnahmeberechtigten noch auf ihre Seite zu ziehen. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakous Appell an sie: "Auch wenn es verlockend ist: Es geht nicht darum, Haltungsnoten für die grüne Politik zu vergeben. Wer das will, kann das bei der Wien-Wahl tun. Vergessen Sie die Parteipolitik. Es geht bei der Befragung allein um die Fußgängerzone."

Bis Montag hatten die Grünen rund 20.000 ihrer angepeilten 30.000 Hausbesuche in Mariahilf und Neubau erledigt. "Der Hauptkritikpunkt, der dabei zu hören war: Warum gibt es keine Querungen?", schildert Vassilakou. Diese sollen aber kommen, sofern sie auch bei der Abstimmung mehrheitlich gewünscht werden. Im westlichen Teil der Einkaufsmeile (zwischen Andreasgasse und Kaiserstraße) soll es zumindest eine in jede Richtung geben, kündigt Vassilakou an. Im unteren Abschnitt seien zudem Maßnahmen denkbar, um den Verkehr in Richtung Gumpendorfer Straße abzuleiten.

Wie die Querungen konkret aussehen sollen, will Vassilakou gemeinsam mit Verkehrsexperten und Vertretern der Wirtschaft klären. "Das wird aber nicht lange dauern, denn alle Daten und Erfahrungen liegen schon am Tisch."

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Nach Wirtschaftsbund und Wirtschaftskammer befragte auch die Wiener ÖVP die Unternehmer – und zwar jene mit ebenerdigen Geschäften bzw. Lokalen auf der Mariahilfer Straße sowie in den Seitengassen. Mit demselben Ergebnis: Rund zwei Drittel der Befragten sprechen sich gegen die Verkehrsberuhigung aus.

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Juraczka Mariahilfer Straße ÖVP Umfrage Befragung
Konkret gaben bis Montag 771 Geschäftsleute gültige Stimmzettel ab. Davon stimmten 67,7 Prozent (522 Personen) für den Rückbau und 32,3 Prozent (249) für die Fußgängerzone. Von Letzteren sind 77,6 Prozent für Querungen und 50,9 Prozent für den Radverkehr.

Allerdings registrierte man bei der Auszählung auffallend viele ungültige Stimmen. 43 Unternehmer kreuzten zwar Variante B – also pro Rückbau der "Mahü" – an, votierten sicherheitshalber aber gleichzeitig für eine der beiden A-Varianten. Quasi: Wenn schon die Fußgängerzone kommt, dann nur mit Querungen bzw. ohne Radfahrer. Die VP kritisiert, dass Rot-Grün solche Fälle als ungültige Stimmen wertet.

Kritik kommt indes auch von der Wirtschaftskammer, weil der Grüne Alexander Van der Bellen im KURIER "schlechtes Wirtschaften" als möglichen Grund für Umsatzrückgänge auf der Mariahilfer Straße angeführt hatte. "Die Stadtpolitiker verhöhnen die Unternehmer", sagt WK-Präsidentin Brigitte Jank.

Ab 17. Februar werden die ersten Fragebögen verschickt. Zweieinhalb Wochen haben die Bürger dann Zeit, zu entscheiden – ob das Projekt Mariahilfer Straße fortgesetzt wird oder nicht. Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer darf an der Bürgerbefragung teilnehmen?
Alle Bewohner des sechsten und siebenten Bezirks, die bis zum 7. März das 16. Lebensjahr vollendet haben. Dazu zählen auch knapp 7000 EU-Bürger. Geschäftsleute, die nicht im Bezirk hauptgemeldet sind, dürfen dagegen nicht mitstimmen.

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Wann beginnt die Bürgerbefragung?
Die Fragebögen werden, aufgeteilt auf mehrere Tranchen, zwischen 17. und 21. Februar an die Teilnahmeberechtigten verschickt. Schon ab 27. Jänner wurden die ersten Infofolder an die Haushalte geschickt, die den Ablauf der Umfrage erklären sollen.

Wie lange können sich die Bürger mit ihrer Antwort Zeit lassen?
Die Fragebögen müssen bis spätestens 7. März, 10 Uhr retourniert werden. Wer ganz sichergehen will, kann seine Karte auch persönlich in den Amtshäusern im sechsten und siebenten Bezirk abgeben.

Gibt es weitere Möglichkeiten, den Fragebogen abzugeben?
Ja. Im gesamten Befragungszeitraum werden an zehn frequentierten Stellen der Bezirke Mariahilf und Neubau Infotürme mit Postkästen für die Abgabe der Fragebögen aufgebaut.

Wie viel gibt die Stadt für die Befragung aus?
Die Befragung wird aus formalen Gründen von den Bezirken betrieben, ausgeführt wird sie vom Presse- und Informationsdienst der Stadt (MA 53). Jeder Bezirk hat dafür ein Budget von 283.000 Euro beschlossen, insgesamt sind das 566.000 Euro.

Warum ist die Befragung zur Mariahilfer Straße um so vieles teurer als die Pickerlfrage in den VP-Bezirken?
Neben der Abwicklung informiert die Stadt auch mit Inseraten über die Vorgangsweise der Bürgerbefragung.

Wie viel gibt die Stadt also insgesamt aus?
Zu den 566.000 Euro für die Durchführung der Befragung kommen weitere 850.000 Euro, die das Büro der Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) für eine breite Werbekampagne einsetzt. Dabei sollen den Bürgern die Vorzüge einer Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße präsentiert werden. Insgesamt werden also mehr als 1,4 Millionen Euro in die Umfrage investiert. Zum Vergleich: Die Volksbefragung im Frühjahr 2013 hat die Stadt 7 Millionen Euro gekostet, 4,4 Millionen davon entfielen auf die Infokampagne. Allerdings konnten damals die Bürger aller 23 Bezirke abstimmen.

Ist das Ergebnis der Befragung bindend?
Rein rechtlich ist das nicht der Fall. Rot und Grün versichern allerdings mehrfach, das Ergebnis der Befragung umzusetzen. Dies war auch bei der Wien-weiten Volksbefragung 2013 der Fall.

Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Stimmen die Bürger gegen eine Verkehrsberuhigung, werden die bisherigen Maßnahmen wieder rückgängig gemacht.

Bei einem Ja zur Mariahilfer Straße neu starten im April 2014 die Bauarbeiten zur Umgestaltung. Sie umfassen unter anderem eine Pflasterung der gesamten Verkehrsfläche zwischen Kaiserstraße und Museumsplatz. Auch neue Beleuchtungsanlagen, Sitz- und Spielmöglichkeiten sollen installiert werden. Der Umbau soll in zwei Etappen zu jeweils sieben Monaten erfolgen. Das Projekt wäre somit im Herbst 2015 fertig. Die Baukosten liegen bei rund 25 Millionen Euro.

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