Flüchtlinge kicken das Runde ins Eckige

Flüchtlinge kicken das Runde ins Eckige
Die Initiative "Kicken ohne Grenzen" bekommt wöchentlich bis zu zehn neue Anfragen. Alle wollen Fußball spielen, Spaß macht es, Disziplin gehört aber auch dazu.

Hier eine Grätsche, dort ein Kopfball und da ein Schuss. "Fallrückzieher sind doch eher die Ausnahme", sagt Alois Gstöttner, "aber wir arbeiten daran." Der 40-Jährige hat gemeinsam mit der 35-jährigen Filmemacherin Karina Lackner die Initiative "Kicken ohne Grenzen" ins Leben gerufen, um Jugendlichen mit Fluchterfahrung die Möglichkeit zu geben, Fußball zu spielen.


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Wie sie auf die Idee kamen, ist einfach erzählt: Gstöttner hat ein Buch über die Fußball-WM 2014 in Brasilien geschrieben, "Gooool do Brasil" heißt es und erzählt vom Leben mit dem und für den Fußball. Danach war da aber "irgendwie ein Loch", sagt der Fotograf und freie Journalist. Als im vergangenen Sommer die ersten Flüchtlinge über die Balkanroute nach Österreich gekommen sind, wollten Gstöttner und Lackner etwas Sinnvolles machen, etwas mit Fußball sollte es sein. Herausgekommen ist "Kicken ohne Grenzen".

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Umgehend haben sich die beiden mit den Heimbetreibern in Verbindung gesetzt. Um die Burschen und Mädchen vom Fußball zu überzeugen, habe man aber nicht viel tun müssen. "Aus acht Teilnehmern wurden schnell mal 60 und aus einem Team wurden dann drei. Wir haben wöchentlich rund zehn neue Anfragen", erzählt der 40-Jährige stolz. "Wir haben eine Kerngruppe, die immer wieder zum Training kommt. Und dann noch die Neuen, also Freunde, die immer wieder mitgenommen werden."

Suche nach einem Trainingsplatz

Schwierig seien allerdings die Fragen der Finanzierung und des Trainingsplatzes gewesen. "Wir haben etwa ein Dutzend Vereine angeschrieben, um einen Platz günstiger oder vielleicht gratis zu bekommen." Es hagelte Absagen, auf ein paar Rückmeldungen wartet Gstöttner noch heute. "Ich denke, da bekomme ich nichts mehr", sagt er. Das ist auch nicht mehr nötig, denn im November 2015 hat sich der KSV Ankerbrot Montelaa gemeldet. Seitdem trainiert die Truppe wöchentlich in Favoriten. Junge Mädchen, die ein eigenes Team bilden, werden von Spielerinnen von Dynama Donau auf der Birkenwiese trainiert.

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"Unser Anspruch war immer, ein seriöses Training aufzuziehen. Ein Fußballplatz ist da sehr viel wert", erklärt Gstöttner und ergänzt, dass Fußball mehr sei, als bloß "herumzuballern". Schließlich würde Sport verbinden, sei ein "integratives Element", wie es in der Beschreibung der Initiative heißt. Auch die Frage der Finanzierung hat man klären müssen. Von den Bällen, Trikots, bis zum Sportplatz und zu den Trainern, alles läuft über Spenden.

Obwohl das Projekt gut läuft und man über mangelnde Teilnahme nicht klagen kann, gibt sich Gstöttner recht bescheiden. "Es ist keine gigantische Leistung von uns. Viele Jugendliche wussten nicht, was sie mit der Zeit anfangen sollen. Wir dachten halt, gebt ihnen einen Ball", sagt er. Mittlerweile bestreiten die Teams zahlreiche Freundschaftsspiele und Turniere; der Ute-Bock-Cup gehört beispielsweise dazu.

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Konflikte nicht anders als in anderen Teams

Für die Jugendlichen aus elf Nationen ist das Training ein Fixpunkt geworden. Auch abseits der Initiative treffen sie sich bereits. "Beim Fußball werden schnell Freundschaften geknüpft", erklärt Hobbykicker Gstöttner. "Wir stehen immer im WhatsApp-Kontakt, auch wenn jemand Fragen hat. Wir sind für sie da."

Wenn 25 Jugendliche am Fußballplatz stehen, könnte man meinen, dass es schon mal gröbere Streitereien gibt. "Eigentlich nicht", widerspricht Gstöttner. Die Konflikte seien nicht anders als in anderen Teams. "Einmal passt eben einer nicht gut genug den Ball oder ist zu eigensinnig", sagt der 40-Jährige. "Aber wenn jemand einen Fallrückzieher zusammenbringt, klatschen wir. Passiert ja nicht alle Tage sowas."


Anmerkung: Das Team von "Kicken ohne Grenzen" sucht immer wieder Mannschaften für ein Freundschaftsspiel. Hier könnte ihr Kontakt mit den Organisatoren aufnehmen.

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