In knapp 8000 Fällen wurde Mindestsicherung gekürzt

Innenaufnahme einer AMS-Geschäftsstelle in Wien am 19.10.2015.
Mehr als die Hälfte verlor 25 Prozent. Knapp 1500-mal wurde Beihilfe komplett gestrichen.

Rund 180.000 Menschen in Wien bekamen 2015 die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Doch nicht alle Berechtigten erhielten die gesamte Summe ausbezahlt, wie eine Anfrage der Neos im Gemeinderat zeigt. 7933-mal wurde im Vorjahr in Wien die Mindestsicherung gekürzt. In 4043 Fällen betrug die Kürzung 25 Prozent, 2420-mal wurde nur die Hälfte des Betrages ausgezahlt. In 1470 Fällen wurde der Geldfluss im Jahr 2015 gänzlich eingestellt.

"Der mit Abstand häufigste Grund für eine Kürzung war, dass der Bezieher nicht arbeitswillig war", sagt ein Sprecher der MA 40. In solchen Fällen arbeite man eng mit dem AMS zusammen. Wer dort Termine versäumt, keine Kurse besucht oder nicht zu zugewiesenen Vorstellungsgesprächen geht, kann bis zu 100 Prozent der Unterstützung verlieren.

Aber auch wenn ein Mindestsicherungsbezieher in den letzten drei Jahren vor der Hilfeleistung sein Vermögen verschenkt hat, können ihm so lange 25 Prozent abgezogen werden, bis das verschenkte Vermögen wieder eingespielt ist.

Fehlende Unterlagen

Wer der MA 40 Unterlagen nicht zur Verfügung stellt, dem kann ebenfalls die Mindestsicherung gekürzt werden. Zum Teil treibt das aber auch kuriose Blüten, wie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Wien zeigt:

In knapp 8000 Fällen wurde Mindestsicherung gekürzt
Markus Ornig
Dort beschwerte sich eine Frau, weil ihr die Mindestsicherung gekürzt wurde. Sie hätte einen Nachweis erbringen sollen, dass sie ihre beiden Bausparverträge stillgelegt hat. Zum Nachweis sollte sie monatlich Kontoauszüge an die MA 40 übermitteln. "Denn das Ansparen von Vermögen ist nicht Ziel des Bezuges der Mindestsicherung", heißt es im Akt von Seiten der MA 40.

Das Verwaltungsgericht sieht das anders. Da sich auf den beiden Bausparkonten exakt 1549,59 Euro befanden, laut Gesetz aber ein Vermögensfreibetrag von 4188,79 Euro gilt, ist das gegenständliche Guthaben nicht zu verwerten. Daher war auch die Aufforderung der MA 40 unzulässig. Die Frau bekommt das vorenthaltene Geld nun zurück.

Studie

Fälle wie diese sind Anlass für die Neos, eine Studie zum Bezug der Mindestsicherung zu fordern. "Sicherlich wäre es interessant, welche Charakteristika die Personen haben, die Kürzungen in Kauf nehmen und vor allem, warum Sie diese Kürzungen hinnehmen", sagt Neos-Sozialsprecher Markus Ornig. Denn die Stadt rühme sich, "besonders streng" bei Sanktionen zu sein. "Wieso gibt es dann keine veröffentlichten Daten zu den Sanktionierten, die über eine reine Quantifizierung hinausgehen?", fragt Ornig.

"Außer Wien führt überhaupt kein Bundesland eine Statistik", kontert dagegen SP-Gemeinderätin Gabriele Mörk. "Eine eigene Studie wäre nur in Verbindung mit einer bundesweiten Mindestsicherung zielführend."

Doch diese wiederum ist derzeit in weiter Ferne.

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