"Im Würgegriff von Erdogans langem Arm in Österreich"

Kurden und Aleviten fürchten radikale Erdogan-Anhänger.
Erdogan-kritische Türken fürchten gewaltbereite UETD-Sympathisanten. Grüne Berivan Aslan beklagt Diffamierungen.

Nach dem Angriff auf die Räumlichkeiten des kurdischen Arbeitervereins ATiGF im Favoritner Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) am Sonntag vorvoriger Woche und dem Übergriff auf den Gastgarten eines kurdischen Restaurants in der Mariahilfer Straße im Zuge einer Türken-Demo, meldet sich nun die „Demokratische Gewerkschaftsplattform“ kritisch zu Wort. Dahinter verbergen sich eine Reihe alevitischer und kurdischer Vereine – allesamt keine Anhänger des türkischen Präsidenten. Man fühle sich „im Würgegriff von Erdogans langem Arm in Österreich“ ließ man bei einer Pressekonferenz im EKH wissen.

"Im Würgegriff von Erdogans langem Arm in Österreich"
EKH, Angriff auf Verein ATGIF
Die Verantwortung für die „rassistischen Gewaltakte“ sehen die linken Gruppierungen nämlich in erster Linie bei der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). „Dort agieren ausschließlich Nationalisten von Erdogans AKP oder den ,Grauen Wölfen’ der MHP“, sagt Alaattin Sahan von der Alevitischen Gemeinde (AABF). Gegen Andersdenkende werde systematisch gehetzt; etwaige Übergriffe würden in Kauf genommen.

Anzeige gegen Unbekannt erstattet

Obwohl sich sowohl die UETD als auch die MHP-nahe Türkische Föderation von Gewalt offiziell distanzieren, meint man bei ATiGF Indizien dafür zu haben, dass zumindest der Angriff auf das Vereinslokal von UETD-Sympathisanten verübt wurde. „Wir haben Videos, auf denen man sieht, dass die Täter T-Shirts mit Slogans tragen, die auch auf UETD-Demos zum Einsatz kamen“, behauptet Sprecher Can Tohumcu. Von Polizei und Justiz fühle man sich im Stich gelassen.

Konkrete Beweise gegen die UETD hat man allerdings nicht. Deshalb wurde nun Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Der Landesverfassungsschutz hat bereits Erhebungen eingeleitet. Und auch punkto kurdisches Lokal wird ermittelt: Videoanalysen sollen die Vandalen, die den Gastgarten in der Mariahilfer Straße verwüsteten, überführen.

Gegenüber dem KURIER distanzieren sich sowohl UETD-Präsident Cem Aslan als auch Baki Uslu – aufgrund seines Wolfgrußes auf Twitter zuletzt viel kritisierter Vizechef der Türkischen Föderation – einmal mehr von Gewalt. Aufgrund der neuerlichen Anschuldigungen behalte man sich rechtliche Schritte vor, sagt Aslan.

Grüne als „PKK-Groupie“ denunziert

Wie berichtet, distanzierten sich 19 große austro-türkische Verbände nach dem Vandalismusakt gegen das kurdische Restaurant in einer gemeinsamen Erklärung von jeglicher Gewalt – die unangemeldeten Demonstrationen infolge des Putschversuchs in der Türkei verteidigten sie allerdings.

Entstanden sein dürfte der Text auf Geheiß Ankaras, wie der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz aufdeckte. Am 28. Juli soll der türkische Botschafter dafür rund 45 türkische Vereine zu sich zitiert haben. Einige kurdische und alevitische Vereine sollen sich aber geweigert haben, die Erklärung zu unterstützen, berichtet Pilz.

Über „eine massive Hetz- und Diffamierungskampagne in AKP-nahen türkischen Medien“ berichtet dessen kurdischstämmige Parteikollegin, die grüne Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan. Sie sei von den türkischen Zeitungen Sahab und Hürriyet als PKK-Unterstützerin denunziert worden. „Außerdem wurde behauptet, ich hätte gefordert, AKP-Anhänger in die Türkei abzuschieben. Das ist überhaupt nicht wahr.“ Die Verfasser der Berichte würden in Kauf nehmen, „dass österreichische Politiker angegriffen werden“, beklagt die grüne Frauen-Sprecherin.

Im Rahmen einer Wiener Pro-Erdogan-Demo wurde sie zudem auf einem Transparent als „PKK-Groupie“ bezeichnet – und somit quasi als Ziel gekennzeichnet. Personenschutz lehnt sie aber ab. „Ich bin kein Opfer“, sagt sie. Gegen die türkischen Medien wird sie Rechtsmittel ergreifen.

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