Der Schnee schmilzt, der Dreck bleibt

Der Schnee schmilzt, der Dreck bleibt
Die Stadt Wien beginnt jetzt mit einer "Aktion scharf" gegen säumige Hundehalter

Frühlingsgefühle kommen da keine auf: Kaum taut der Schnee in Wien weg, zeigt sich, dass die Stadt ein riesiges Hundeklo ist. Das Rathaus kündigt jetzt eine Offensive gegen Gackerl-Sackerl-Verweigerer an.

Denn Gehwege, Parks und Grünstreifen sind mit den grauslichen Hinterlassenschaften der Vierbeiner gepflastert. „Ja, im Moment sind die Hundstrümmerln ein echtes Problem. Im Winter sinkt die Kotentsorgungsmoral der Hundebesitzer gegen null. Auf welcher Seite der Leine die Idioten sind, wissen wir ja ohnehin“, sagt Josef Thon. Der Chef der MA 48 nimmt sich kein Blatt vor den Mund, schließlich müssen seine Straßenkehrer die Hunderten Tonnen Hundekot entsorgen.

Der Schnee schmilzt, der Dreck bleibt

Ein KURIER-Lokalaugenschein im Waldmüller-Park in Favoriten zeigte die zum Himmel stinkende Realität. Kein Einziger der elf beobachteten Hundehalter verwendete ein Sackerl fürs Gackerl. Darauf angesprochen, hagelte es für das Reporter-Team von den netten Tierfreunden wüste Beschimpfungen oder eisiges Schweigen.

Doch nach einer Stunde ein nicht mehr erwarteter Lichtblick: Adele Marcik aus dem Gemeindebau in der Neilreichgasse versenkte allen Ernstes die Hinterlassenschaft ihres Labradormischlings Cynthia in einem Plastiksackerl: „Da gibt es keine Diskussion. Auch im Winter nicht. Dafür darf man sich nicht zu schade sein.“ Gnä’ Frau – Sie waren während einer Stunde Beobachtung hier die einzige Hundehalterin, die den Haufen wegräumte ... Frau Marcik lächelt und fühlt sich bestätigt: „Was soll ich Ihnen sagen, die Leut hauen hier im Park alles weg, warum sollen sie ausgerechnet den Hundekot wegräumen? Das sind halt richtige Schweindln.“

Der Schnee schmilzt, der Dreck bleibt

Geht es nach Chef-Straßenkehrer Thon sollen die ignoranten Hundehalter in den kommenden Wochen zur Kasse gebeten werden: „Ist der Schnee weg, schwärmen die Waste-Watcher aus. Wird jemand erwischt, kostet das 36 Euro.“ Nachsatz: „Am Freitag wird es noch einmal schneien, ab nächster Woche wird gestraft.“ 2012 kassierte die Stadt von Gackerl-Sackerl-Verweigerern insgesamt rund 200.000 Euro.

Splitt

Teuer kann es auch für säumige Hausbesitzer werden. Denn sie sind neben der Schneeräumung auch für die Schotter-Entsorgung auf Gehsteigen verantwortlich. Thon: „Und zwar, wenn drei Tage lang die Temperaturen im Plus sind. Die meisten kehren dann den Splitt auf die Straße. Und das wird teuer.“

Der Schnee schmilzt, der Dreck bleibt

Straßenkehrer Roman Leeb hat von Hundstrümmerln und Splitt bereits die Nase voll. Er kehrte sich am Viktor-Adler-Markt in Favoriten die Seele aus dem Leib: „Die Leut’ werden immer ärger. Die spucken vor dir auf die Straß’n.“

Laut statistischem Jahrbuch der Stadt Wien 2012 sind in Wien übrigens derzeit etwa 57.000 Hunde gemeldet - Tendenz leicht steigend. Die meisten Hunde leben im 22. Wiener Gemeindebezirk, die wenigsten in der Josefstadt.

Insgesamt stehen den Wiener Hundehaltern rund 150 Hunde- und Freilaufzonen zur Verfügung, berichtet hunde-zone.at aus der Statistik. Gekennzeichnete Hundezonen sind neben den privaten Grundstücksflächen die einzigen legalen Auslaufbereiche, in denen sich ein Hund ohne Beißkorb und Leine bewegen darf.

In den innerstädtischen Bezirken fallen diese Freilaufflächen naturgemäß etwas kleiner aus. Am wenigsten Platz haben die Hunde im 7. Bezirk. Hier kommt auf einen Hund gerade einmal 1,2 m2 Auslauffläche. Himmlische Zustände herrschen hingegen in der Leopoldsstadt: Mit der größten Freilaufzone im Wiener Prater stehen jedem Hund im 2. Bezirk - statistisch betrachtet - 129 m2 Freilauffläche zur Verfügung. Der Wiener Durchschnitt liegt bei 18 m2 Freilauffläche pro Hund. Entgegen der Einschätzung vieler Nicht-Hundehalter ist die Hundedichte in Wien übrigens relativ gering. In nur 7% aller Wiener Haushalte wird ein Hund gehalten. Selbst wenn man von einer hohen Dunkelziffer von nicht gemeldeten Hunden ausgeht, ist die Hundedichte im europäischen Vergleich niedrig. In Großbritannien liegt sie bei 23% und in Frankreich wird sogar in 38% der Haushalte zumindest ein Hund gehalten.

Neben Hundstrümmerl- und Schottermisere setzte der Winter auch Wiens Straßen gehörig zu. Denn mehrere Frost- mit darauffolgenden Tauwetterperioden verwandelten winzige Schlaglöcher in Tennisschläger-große Asphaltkrater.

Die für die Straßenerhaltung zuständige MA 28 bestätigt: Alleine im Jänner wurden 19.400 Schlaglöcher gezählt. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es „nur“ 12.500. Für Februar werden ähnliche Rekordschäden erwartet.

25 Millionen pro Jahr

Dass nach der vergangenen Wintersaison – aus Kostengründen – nur halbherzig saniert wurde, wird vom Rathaus dementiert. Der Leiter der MA 28, Bernhard Engleder, sagt zum KURIER: „Wir haben ein stabiles Sanierungsbudget und können den verkehrssicheren Zustand unseres Straßennetzes garantieren. Aber natürlich würde man sich immer mehr Geld wünschen.“ Vergangenes Jahr kostete die Instandsetzung der Wiener Straßen knapp 25 Millionen Euro.

Der Schnee schmilzt, der Dreck bleibt
Aktuell laufen die Schadenserhebungen in den Bezirken. Bis Ende März sollen elf MA-28-Reparaturzüge die Schäden erfasst haben. Ist jedoch „Gefahr in Verzug“ müssen die Löcher mit Kalt-Mischgut provisorisch geschlossen werden. Erst im Frühjahr beginnt dann die Generalsanierung.

Um Problemfälle schneller beheben zu können, bittet die Stadt um die Mithilfe der Lenker. Unter der Infoline Straße 01/955 59 oder über das Kundenzentrum der MA 28 01 4000 - 49600 können Schlaglöcher und Fahrbahnschäden gemeldet werden.

Kommentare