Häupl: "Identitäre verbieten"

Am Samstag gerieten Polizei und linke Aktivisten aneinander.
Nach den Krawallen am Samstag plädiert Häupl für ein Verbot der "neofaschistischen Gruppe." Von einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten hält er nichts.

Diese Demo hätte gar nicht statt finden sollen", sagt Bürgermeister Michael Häupl zu den Krawallen rund um die Kundgebung der Identitären am Samstag in Wien. Wie berichtet war es dabei zu Zusammenstößen zwischen Polizei und linken Gegendemonstranten gekommen. 38 Personen wurden verhaftet. "Man darf die Schuld aber nicht einseitig auf der Seite der Polizei suchen", betont Häupl. "Man muss sich nur anschauen, mit welchen Werkzeugen die Gegendemonstraten hantiert haben." Von einer Kennzeichnungspflicht für Beamte im Demo-Einsatz hält er nichts: "Damit würde man das Pferd von hinten aufzäumen."

Geht es nach Häupl, müsste man allerdings die Identitären verbieten: "Das ist eine radikale, neofaschistische Gruppe."

Bilder von der Demo:

Häupl: "Identitäre verbieten"

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Häupl: "Identitäre verbieten"

Die Nachricht schlug in der heimischen Medienlandschaft ein: „Besonders tragisch: die Schwangere verlor nach dem Polizeieinsatz ihr Baby“, schrieb Der Standard. Und Österreich wusste gar zu berichten: „Schwangere verliert Baby nach Demo. Prügel-Vorwurf gegen Polizei“.

Zwei Tage nach den Demonstrationen von Linken und Rechten in Wien steht fest: Die Frau war nicht schwanger. Die Staatsanwaltschaft hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Gesundheitsakten der Frau beschlagnahmt. Aus diesen geht hervor, „dass bei der Betroffenen zur Zeit der Amtshandlung – entgegen der bisherigen Vorwürfe – keine Schwangerschaft bestand.“

Die „Offensive gegen Rechts“ empörte sich international darüber – und bot auch Übersetzungen über den „Skandal“ in diversen Sprachen an. Die Frau war am Samstag mit linken Demonstranten in eine Douglas-Filiale in der Josefstädter Straße geflüchtet. Plötzlich klagte sie über Schmerzen im Unterleib und erklärte, in der achten Woche schwanger zu sein. Sie wurde ins Spital gebracht und wegen Sachbeschädigung angezeigt. Bei der Polizei geht man davon aus, dass solche Vorwürfe auch dazu dienen, um vor der nächsten Demo gegen das „Fest der Freiheit“ der Burschenschafter am 4. Juni die Stimmung anzuheizen.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hat am Dienstag die restlose Aufklärung zum Polizeieinsatz rund um die Kundgebung der "Identitären" vom Samstag gefordert und die Wiedereinführung des Rechtsextremismus-Berichts verlangt. "Wir alle sollten froh sein, dass junge Menschen diese Antidemokraten hindern wollen, an historischen Plätzen in Wien aufzumarschieren", so Jarolim. Dass sie dabei um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssten, mache ihn betroffen.

"Die Berichte und Bilder der Übergriffe durch diverse Einsatzgruppen lässt vermuten, dass einige PolizistInnen bereits hochemotional ihren Einsatz begonnen haben", so Jarolim weiter. Daher müsse die Frage geklärt werden, ob hier nicht ein gewisses Verständnis für die Demonstrationen der Rechten vorherrscht. Unverständnis herrscht bei Jarolim, wenn seitens der Einsatzgruppen "von angemessener Gewalt" bei ihren Einsätzen gesprochen werde. "Doppelte Oberschenkelbrüche als angemessen zu bezeichnen, ist unverantwortlich. Wir brauchen Einsatzgruppen, die mit aller Sorgfalt Gewalt verhindern und friedliche DemonstrantInnen schützen."

Beim Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) Burgenland betonte man dagegen die Gewaltfreiheit bei Veranstaltungen von Identitären, RFJ oder FPÖ. "Für Gewalt sorgen immer wieder die Guten", erklärte Landesobmann Werner Wassicek in einem Blog-Eintrag (http://go.apa.at/FQpjNudC). "Die selbsternannten Gutmenschen, die gegen die bösen Rechten auftreten, ihre dumpfen Parolen rufen und mit Gewalt versuchen, die Demokratie zu gefährden, sind in Wahrheit die Faschisten unserer Zeit", meinte er und stellte für diese eine Untersagung des Demonstrationsrechts in den Raum.

Grüne für unabhängige Prüfung

Die Wiener Grünen forderten am Montag, dass der Polizeieinsatz bei der Anti-Identitären-Demo am Samstag in Wien von einer unabhängigen Kommission überprüft wird. Das Vorgehen der Exekutive müsse restlos aufgeklärt werden. Gleichzeitig betonten Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und der grüne Klubchef im Rathaus, David Ellensohn, dass in Wien kein Platz für Rechtsextreme sein dürfe.


"Wien war am Samstag erstmals seit Jahren Schauplatz eines öffentlichen Demonstrationszuges von Rechtsextremen aus ganz Europa. Bei derartig ungeniertem und provokantem Zur-Schau-Tragen von Verachtung demokratischer und menschenrechtlicher Grundprinzipien kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", zeigte sich Vassilakou am Montag in einem Online-Kommentar überzeugt. Zwar habe es sich nur um ein kleines Häuflein gehandelt - der Standpunkt der Stadt sei jedoch klar: In Wien sei für solche Aufmärsche kein Platz.

Vassilakou betonte jedoch auch, dass jemand, der Steine werfe, die Glaubwürdigkeit friedlicher Gegendemonstranten gefährde. Gleichzeitig seien Vorwürfe an der Einsatzführung und tatsächliche Übergriffe aufzuklären - auch im Interesse der Polizei selbst. Vassilakou plädierte für eine unabhängige Untersuchung durch Experten.

Ellensohn mutmaßte in einer Aussendung, dass die Polizei überfordert gewesen sei. Die Bilanz des Einsatzes sei verstörend: "Wer gegen Rechtsextreme demonstrierte, wurde von der Polizei alles andere als freundlich angefasst." Dies dürfe sich nicht wiederholen. Der Klubchef plädierte für einen Runden Tisch mit Vertretern von Bundespolizei, Stadt Wien und Demonstrationsteilnehmern.

Mikl-Leitner gegen Kennzeichnungspflicht

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat offensichtlich nicht vor, den Polizeieinsatz rund um die Kundgebung der "Identitären" am Wochenende von einer unabhängigen Kommission untersuchen zu lassen, wie von den Wiener Grünen gefordert. Jeder Einsatz werde im Detail von den Experten (des Innenministeriums, Anm.) analysiert, betonte Mikl-Leitner aber am Dienstag vor dem Ministerrat.

Einmal mehr wandte sie sich dagegen, dass "reflexartig" nach jeder Demo ein Schuldiger ausgemacht werde, nämlich die Polizei. Die Aggressivität gegenüber der Polizei werde immer größer. Eine "Kennzeichnungspflicht" für Beamte lehnte Mikl-Leitner einmal mehr ab, bekräftigte aber ihren Vorschlag, Beamte mit Videokameras auszurüsten, um Vorfälle nachzuvollziehen.

Kritik

Massive Kritik von linksgerichteten Organisationen am Polizeieinsatz hagelte es auch am Montag weiter. So beklagten sich etwa Sozialistische Jugend (SJ), Junge Grüne und die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) über "massive Polizeigewalt" und "extrem gewalttätige Übergriffe" vonseiten der Exekutive. Hinter die Polizei stellte sich die FPÖ. Die Exekutive habe gröbere Ausschreitungen gegen Unbeteiligte verhindert und trotz "gewalttätiger Anarchos ruhig und besonnen agiert", so der Wiener Gemeinderat Wolfgang Jung.

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