Große Mehrheit der Ärzte will streiken

Protestkundgebung der Wiener Spitalsärzte (Archivbild)
93 Prozent der Mediziner in den Gemeindespitälern sind für Kampfmaßnahmen

In den Wiener Gemeindespitälern stehen die Zeichen auf Sturm: Fast 93 Prozent der 3500 Ärzte des Krankenanstaltenverbunds (KAV) sprechen sich für Streik aus. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Ärztekammer, die in den vergangenen Wochen durchgeführt wurde. Die Beteiligung lag bei 63,5 Prozent.

Anlass der Umfrage war die zuletzt vom KAV angekündigte Streichung von rund 40 Nachtdiensten und die Umwandlung von 25- auf 12,5-Stunden-Dienste. Dies sei laut Ärztekammer ein Bruch der Vereinbarungen, die mit der Stadt im Vorjahr im Zuge der Reduktion der Arbeitszeit für Spitalsärzte getroffen wurde.

"Die Wiener Kollegenschaft hat ein klares Machtwort gesprochen", sagt Wiens Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. "Falls der KAV auf seiner Linie beharrt und weiter das Ziel von Personalausdünnung und Leistungsminimierung verfolgt, werden wir dieses Mandat sehr ernst nehmen und gegebenenfalls auch umsetzen."

Große Mehrheit der Ärzte will streiken
Thomas Szekeres
Auf Basis des Umfrage-Ergebnisses wird die Kurie der angestellten Ärzte am Mittwoch das weitere Vorgehen beraten und entsprechende Protestmaßnahmen beschließen.

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Eine vergleichbare Umfrage zum Thema Streikbereitschaft war bereits 2015 durchgeführt worden. Damals hatten sich 93,45 Prozent der befragten Mediziner für mögliche Kampfmaßnahmen ausgesprochen.

Die Oppositionsparteien wollen - nachdem die Ärzte des Wiener Krankenanstaltenverbundes ihre prinzipielle Streikbereitschaft bekundet haben - auch die Stadt nicht aus der Pflicht nehmen. Denn das Ergebnis der Abstimmung sei "einzig und allein das Ergebnis einer verfehlten Gesundheits- und Personalpolitik in Rot-Grün", befand die FPÖ-Gesundheitssprecherin im Parlament, Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

"Hauptverantwortlich" für diese sei Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), die seit Jahren eine "Kopf-durch-die-Wand-Politik" in Sachen Gesundheitsversorgung betreibe, "die nicht nur zulasten von Ärzten und medizinischem Personal, sondern vor allem auch zulasten der Patienten geht." Die KAV-Ärzteschaft reagiere auf eine sich laufend verschlechternde Versorgungssituation für die Wiener Patienten und auf unhaltbare Arbeitsbedingungen für die Bediensteten im KAV. Wehsely solle, so forderte die FP-Politikerin, schleunigst an den Verhandlungstisch zurückkehren.

Fehlendes "G'spür" und "Feuer am Dach"

"Die Wiener Stadtregierung und insbesondere die Führung des Wiener Krankenanstaltenverbundes haben dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der neuen Ärztearbeitszeiten umgehend eingehalten werden - alles andere ist ein fahrlässiger Umgang mit der Versorgung der Wiener Patientinnen und Patienten", betonte auch die Gesundheitssprecherin der Wiener ÖVP, Ingrid Korosec. Es sei nun "Feuer am Dach".

Für die Wiener NEOS ist das Ergebnis ein deutliches Zeichen, dass die Ärzte mit dem Vorgehen des KAV bzw. von Stadträtin Wehsely "absolut unzufrieden" sind. Der pinke Wiener Gesundheitssprecher Stefan Gara mutmaßte, dass der Wiener SPÖ das "G'spür" fehle, wenn es um die Gesundheitsversorgung der Stadt gehe.

Auch das Team Stronach sah Versäumnisse im Rathaus: "Der höchst bedauerliche aber fachlich verständliche Streikbeschluss der Wiener KAV-Ärzte ist das Ergebnis einer jahrelang verfehlten Gesundheitspolitik", bewertete Gesundheitssprecherin Ulla Weigerstorfer das Ergebnis der Abstimmung. Das Gesundheitssystem funktioniere nicht mehr, warnte sie. Mögliche Lösungen wären die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger oder die Wahlfreiheit bei den Kassen.

SPÖ: "Vereinbarung ist umzusetzten"

"Der Opposition geht es wieder einmal nicht um die Sache", wies der Wiener SPÖ-Gemeinderatsabgeordnete Kurt Wagner die geballte Kritik zurück: "Das vor mehr als einem Jahr sozialpartnerschaftlich vereinbarte Paket ist umzusetzen, der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) tut das bereits. Aber die Ärztekammer und die Opposition machen es stattdessen zum Politikum und wollen politisches Kleingeld daraus schlagen."

Wagner erinnerte in einer Aussendung daran, dass bereits vor einem Jahr mehrmals mit der Ärztekammer verhandelt wurde und bereits ein Ergebnis vorliege. Es gehe nun darum, dass der Pakt erfüllt werde - auch der die neuen Dienstzeiten betreffende Teil.

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