Langzeit-Häftling bietet Kaution

Gerhard Bruckberger liegt bzw. sitzt seit 832 Tagen in U-Haft.
Ein Freispruch, ein wackeliges Urteil und über 26 Monate U-Haft.

Der Fall Bruckberger wächst sich zum Justizskandal aus. Seit 832 Tagen sitzt bzw. liegt der 47-jährige Familienvater in U-Haft, und ein Ende seines Strafverfahrens ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Wahrscheinlich muss alles von vorne beginnen.

Gerhard Bruckberger steckte hinter dem "Friedrich Müller"-Versand, der jahrelang Gewinnspiele betrieb. Das kann man als "Bauernfängerei" verurteilen, aber die Firmenanwälte – darunter der nunmehrige Justizminister Wolfgang Brandstetter – sowie die Strafjustiz sahen darin keinen Betrug. Über Nacht war alles anders: Am 4. Februar 2013 wurde Bruckberger verhaftet, danach stand er zur selben Thematik, nur mit zeitversetzten Taträumen, zwei Mal vor Gericht. Eine Richterin sprach ihn frei, eine andere verurteilte ihn zu vier Jahren Haft, beides nicht rechtskräftig. Enthaftungsanträge der Verteidiger Herbert Eichenseder und Jürgen Stephan Mertens blieben erfolglos.

Langzeit-Häftling bietet Kaution
Interview mit Verena Küßler, Lebensgefährtin eines Inhaftierten, der sich im Hungerstreik befindet.
Inzwischen hat sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Fall Bruckberger (und andere) zu Gemüte geführt und festgestellt, dass die Bestellung des Gutachters die Waffengleichheit zwischen Ankläger und Verteidiger verletzt. Der allein vom Staatsanwalt ausgewählte und später vom Gericht auch für den Prozess bestellte Sachverständige hatte quasi zuerst Material für die Anklage gesammelt und dieses dann für das Urteil aufbereitet. Der Schuldspruch könnte daher vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben werden.

Unterbrechung

Das ist zwar ein Pluspunkt für Bruckberger, die Dauer der Überprüfung durch den VfGH ging aber zu seinen Lasten, denn sie gilt im Instanzenzug als "Unterbrechungszeit". Die Berufungsverhandlung vor dem OGH soll in den nächsten Wochen stattfinden. Bruckberger, der sich im Hungerstreik befunden hatte und dreieinhalb Wochen auf der Intensivstation im AKH betreut wurde, stellte einen neuen Enthaftungsantrag. Er bietet Kaution an, die von seiner Familie zusammengekratzt werde. Sein Vater würde sogar ein als Rücklage erworbenes Grundstück verpfänden.

Bruckbergers Lebensgefährtin Verena Küßler darf ihn zwei Mal pro Woche in der Justizanstalt Josefstadt besuchen. Dem vierjährigen Sohn erspart sie den Anblick des Vaters durch eine Glasscheibe. Tischbesuche werden aber nur alle drei Monate genehmigt.

Kommentare