Blümel: "Mit Sozial-Nationalismus haben wir nichts am Hut"

Blümel stellt sich im April der Wahl. Der ÖVP verpasst er eine Schlankheitskur.
Im April versucht die ÖVP-Wien einen Neustart. Der KURIER sprach mit Parteichef Gernot Blümel über die am Parteitag geplanten Änderungen.

KURIER: Sie wollen die Wiener ÖVP wieder zweistellig machen. Im Zuge der Strukturreform schaffen Sie 48 Parteigremien ab. Warum machen Sie so viele Funktionäre arbeitslos?

Blümel: Wir haben in Wien überdurchschnittlich viele Gremien. Das Tragische ist, dass dort untereinander zu viel übereinander geredet wird. Als bürgerliche, urbane Stadtpartei müssen wir schneller und wendiger werden.

Ist das wie bei der Polizeireform? Wollen Sie mehr Indianer auf die Straße und weniger Häuptlinge in den Amtsstuben?

Mir geht es darum, dass wir uns weniger mit uns beschäftigen, sondern mehr mit den Leuten draußen.

Jetzt wollen sie nur noch drei statt sechs Stellvertreter. Welche Rolle spielt Sebastian Kurz in der Wiener Partei?

Der Wahlvorschlag wird nächste Woche im Landesparteivorstand beschlossen. Kurz wird in der Wiener ÖVP immer eine starke Rolle spielen.

Sie wollen das Leistungsprinzip in der Wiener ÖVP stärken. Wie soll das gehen?

Das Vorzugsstimmenmodell wird im Statut verankert. Denn wenn wir das in der Politik leben wollen, müssen wir das auch intern tun. Der ultimative Leistungsbeweis ist, wenn ein Politiker per Direktwahl mit Vorzugsstimme vom Wähler ausgesucht wird, um ihn zu vertreten.

Seit der Wahlniederlage im Herbst hat die ÖVP weniger Geld. Behalten Sie die Zentrale?

Aufgrund der geänderten Bedingungen muss alles billiger werden, um für die nächste Wahl etwas aufzubauen. Daher gibt es keine Tabus, auch nicht bei den Büros. Entweder verkleinern wir hier die Fläche oder wir gehen woanders hin. Das prüfen wir noch.

Die Befragung unter 2000 Parteimitgliedern hat ergeben, dass ihnen Freiheit und Sicherheit wichtiger als Solidarität und Toleranz sind. Was heißt das für Ihre politische Arbeit?Als Oppositionspartei mit neun Prozent muss man sich auf bestimmte Themen fokussieren. Deshalb wollten wir wissen, welche unseren Leuten wichtig sind. Herausgekommen ist Freiheit, Sicherheit und Verantwortung. Das ist die Basis der christlichen Soziallehre. Darüber bin ich sehr froh.

Toleranz steht in Ihrer Partei nicht so hoch im Kurs. Warum eigentlich?

Das kommt daher, weil in unserer Gesellschaft die Faktoren Freiheit und Sicherheit in den Hintergrund getreten sind. Wenn ich mir die Stadt Wien anschaue, dann findet man keine Freiheit, wenn man für jeden Schanigarten 17-mal zum Magistrat rennen muss. Die rot-grüne Stadtpolitik macht eine Gebots- und Verbotspolitik.

Und das Thema Sicherheit?

Wo sind die geordneten Rahmenbedingungen, wenn man sich die überbordende Willkommenspolitik der Stadt Wien anschaut.

Der Wiener Bürgermeister will sich besonders um die Kriegsflüchtlinge kümmern.

Wir wissen, dass 80 Prozent aller Asylwerber, die einen positiven Bescheid bekommen, irgendwann in Wien landen. Nicht nur wegen des Ballungsraums, sondern wegen der wesentlich höheren Sozialleistungen. Häupl macht Wien zum Sozialmarktparadies.

Ihre Position bei Asyl und Mindestsicherung entspricht jener der Bundes-ÖVP. Zuletzt entstand der Eindruck, dass sich die Wiener Partei inhaltlich FPÖ-Themen annähert. Stichwort Islam-Kindergarten.

Zwischen uns und den Freiheitlichen ist extrem viel Platz, wenn man sich im Gemeinderat die Reden von freiheitlichen Abgeordneten anhört. So will ich gar nicht, dass ein ÖVPler spricht.

Mit dem Thema Islam in Wien hat die FPÖ begonnen.

Die Freiheitlichen hatten die Gelegenheit, Versäumnisse der Stadtregierung aufzuzeigen. Es ist in den letzten zehn Jahren bei den islamischen Kindergärten aber nichts passiert. Seit die ÖVP in Opposition ist, ist da mehr weiter gegangen.

Keine Angst, dass Sie die Freiheitlichen weiter aufwerten?

Überhaupt nicht. Sie tragen das Wort Freiheit nur im Namen, nennen sich aber soziale Heimatpartei. Mit Sozial-Nationalismus haben wir nichts am Hut.

Kommentare