Drei "Sittenwächter" zu Haft verurteilt

Am 27. Februar gingen vier Tschetschenen in der Millenium City auf einen Familienvater los.
Der vierte Angeklagte befand sich noch auf freiem Fuß und wurde nun festgenommen, weil er einen Kameramann bedrohte.

Paukenschlag kurz nach der Verkündung des Urteils zur Prügelattacke in der Millennium-City: Der Angeklagte, der sich bisher auf freiem Fuß befunden hat, wurde vor dem Gerichtssaal von der Polizei festgenommen. Weil der 19-Jährige in einer Verhandlungspause einen Kameramann des ORF bedroht haben soll, wurde er in Polizeigewahrsam genommen.

Laut seinem Anwalt Thomas Preclik soll der junge Mann sinngemäß, "wenn du mich filmst, finde ich dich", gesagt haben. Auf Auftrag der Staatsanwaltschaft führte die Polizei die Festnahme noch im Gericht durch. Der 19-Jährige ließ sich widerstandslos mitnehmen.

Die vier jungen Männer fassten allesamt Verurteilungen aus. Ein 20-Jähriger und sein 24-jähriger Bruder, die die Schläge teilweise zugaben, aber auf Notwehr plädierten, erhielten zehn Monate unbedingte Haft wegen schwerer Körperverletzung. Der 19-Jährige, der nun festgenommen wurde, bekam eine achtmonatige Haftstrafe wegen schwerer Körperverletzung. Der vierte Angeklagte wurde von der schweren Körperverletzung und der Nötigung freigesprochen, er wurde wegen Raufhandels zu einer unbedingten Geldstrafe von 480 Euro verurteilt. Der 24-Jährige wurde auch gleich enthaftet. Alle Urteile sind nicht rechtskräftig.

Mutter beauftragte Aufpasser

Ausgangspunkt war die Tat der vier Verurteilten am 27. Februar diesen Jahres in der Wiener Millenium City. Zwei Tschetscheninnen im Teenager-Alter waren mit einer Schulfreundin und deren Mutter, die sich bei dem Lokalbesuch mit einem Bekannten unterhielt, in einem Cafe. Gegen Mitternacht tauchten die vier jungen Männer auf und forderten laut Staatsanwaltschaft die Landsfrauen auf, nach Hause zu gehen. "Bei uns in Tschetschenien ist das nicht erlaubt, um diese Uhrzeit draußen zu sein", sagte der 24-Jährige. "Es gehört sich nicht."

Die jungen Männer kannten die Mädchen flüchtig über Facebook. Einer von ihnen soll von der Mutter eines der Jugendlichen beauftragt worden sein, auf die 16-Jährige aufzupassen, wie er vor Einzelrichterin Martina Frank darlegte.

Als die jungen Männer nicht nachgaben, und meinten "Wir begleiten euch nach Hause!", rief die anwesende Mutter ihren Mann per Telefon zu Hilfe. Als dieser kam und die Vier zur Rede stellen wollte, kam es zu einer Rangelei. Der 41-Jährige wurde laut Anklage sofort mit Fäusten und Tritten attackiert. Der Begleiter der Mutter kam dem Familienvater zu Hilfe und wurde mit einem Faustschlag durch den Jüngsten, aber Trainiertesten der Gruppe k.o. geschlagen.

Augenhöhle gebrochen

Er habe noch versucht, einen der Angreifer von dem 41-Jährigen wegzuziehen, "ab dann weiß ich nichts mehr", sagte der 44 Jahre alte Mann. Erst nach einer Weile kam er am Boden des Café wieder zu sich. Der 44-Jährige erlitt einen Augenhöhlenbodenbruch, ein Titannetz musste ihm implantiert werden. Teilweise ist sein Sichtfeld immer noch von doppelten Bildern geprägt. "Die Ärzte können nicht sagen, ob das bleibt." Zudem musste ihm der Schleimbeutel aus seinem linken Ellbogen entfernt werden, da er durch Schläge eine Rissquetschwunde erlitt. Die Täter hatten auf die Opfer eingetreten, als sie bereits am Boden lagen, führte die Staatsanwaltschaft aus.

Das stellten die Burschen vor Gericht in Abrede, sie hätten "ein, vielleicht zwei Mal zugeschlagen". Von mehreren Tritten wollten sie nichts wissen. Weitere Zeugenbefragungen, die am Nachmittag fortgesetzt werden, sollen dazu mehr Aufschluss geben.

Mitglieder einer waffenaffinen Gruppe

Die drei Älteren waren nach einer Fahndung Ende März festgenommen worden und befinden sich seither in U-Haft. Der 19-Jährige befindet sich auf freiem Fuß. Die jungen Männer sollen einer Gruppe angehören, die sich "Die Wölfe" nennt - ein beliebtes Wappentier in Tschetschenien. Die Verbindung sei sehr gewaltbereit und "waffenaffin", die Mitglieder verfügen über Kampfsportausbildungen, hieß es. Die Gruppe ist auf Facebook vernetzt, wo die jungen Männer mit dem Codenamen "Wolf" statt dem eigentlichen Familiennamen auftreten. In dem sozialen Netzwerk posierten die Mitglieder mit Schusswaffen auf Fotos, dazu posteten sie Sprüche wie: "Es gibt 1.000 Gründe, warum ich dich töten muss, doch der plausibelste Grund von allen ist, wie blöd du guckst" oder: "Bei uns ist Schweigen Gold, denn Blei kann folgen".

Der Jüngste verlautbarte im sozialen Netzwerk nach der Berichterstattung über die Prügelattacke: "Wir sind keine Jugendlichen. Wir sind Familie, die Mafia". Von Richterin Frank auf die Facebook-Einträge angesprochen, meinte der 19-Jährige: "Ich versteh jetzt nicht, was das mit dem Prozess zu tun hat."

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