General Mahrer: "Wir sind in 3.30 Minuten vor Ort"

General Mahrer: "Wir sind in 3.30 Minuten vor Ort"
Wiens Landespolizeivizepräsident zur Wachzimmer-Reform und der neuen, effizienteren Polizei-Strategie.

Demnächst werden elf Polizei- und drei Diensthunde-Stützpunkte geschlossen (Liste siehe Artikelende). Sieben Inspektionen übersiedeln an Verkehrsknoten in neue Objekte. Und beim Hauptbahnhof eröffnet im November die größte Polizei-Inspektion des Landes mit mehr als 100 Beamten. Parallel dazu stehen in Wien bis Jahresende 1000 zusätzliche Beamte im Dienst. Wiens Landespolizeivizepräsident Karl Mahrer erklärt die neue Polizei-Strategie.

KURIER: Die Schließungen betreffen vorwiegend Standorte innerhalb des Gürtels. Warum?

General Karl Mahrer: In den Bezirken 10, 11, 21, 22 zeigt die Bevölkerungsentwicklung rasant nach oben. Die Donaustadt etwa wuchs seit 1971 um das Doppelte, auf 165.000 Bürger. Somit haben sich Arbeitsplätze und Infrastruktur dorthin verlagert. In den Gürtel-Bezirken sinkt die Bevölkerungsdichte.

Wie viel kostet die Dienststellen-Struktur-Anpassung, vulgo Wachzimmer-Reform?

Es sind noch nicht alle Projekte fertig. Daher können wir die Kosten nicht seriös nennen. Eines aber muss klar sein. Das Projekt ist kein Sparkonzept. Der Sinn dahinter ist, den Dienstbetrieb effizienter zu gestalten.

Durch die Reform sollen mehr Beamte auf die Straße kommen. Sie sprechen von 10.500 freiwerdenden Außendienst-Stunden. Auf welchen Parametern basiert diese Angabe?

Mit jedem geschlossenen Wachzimmer fällt der Besetzungsdienst weg. Allein das bringt bei elf Schließungen sowie zwei Zusammenlegungen 10.000 Außendienststunden mehr. In Zukunft werden die Kollegen weniger im Innendienst und wesentlich mehr auf Streife sein.

Sie sprechen den Grätzl-Polizisten an. Wie sollen junge Beamte ihr Grätzl kennenlernen?

Durch Anwesenheit auf Straßen, in U-Bahnen sowie als Ansprech-Station für den Bürger. In Zukunft treffen sich die Kommandanten pro Quartal mit Bezirksvorstehern. Denn die kennen die Problemzonen ihrer Region.

General Mahrer: "Wir sind in 3.30 Minuten vor Ort"
Wird somit der Kontrolldruck in Wien erhöht?

Ein Beispiel aus dem Verkehrsbereich: 2007 wurden in Wien 77.622 Alko-Vortests bei Kontrollen durchgeführt, 2494 Alkolenker angezeigt. 2013 gab es 351.327 Vortests, also das Fünffache, aber nur 2287 Anzeigen. Präsenz und Kontrolle greifen. Das ist die neue Wirkung der Polizeiarbeit.

Bringt das Konzept die Exekutive schneller zum Einsatzort?

Ein Notruf geht in der Leitstelle ein. Dank GPS in den Funkmitteln sind die Standorte der Streifen in der Sekunde zu lokalisieren. Wer am nächsten ist, wird hindirigiert. Sind mehr Beamte auf der Straße, geht es noch schneller. Bei Fällen mit Prioritätsstufe eins sind wir meist in drei Minuten 30 Sekunden vor Ort.

1000 neue Beamte für Wien. In welchem Zeitfenster, abzüglich der Pensionierungen, ist dieses Vorhaben realistisch?

Bis Dezember 2015 werden mehr als 1200 junge Frauen und Männer die Ausbildung beenden und ihren Dienst auf der Straße vollziehen. Das kann ich garantieren.

2013 stieg in Wien die Zahl der Straftaten um fünf Prozent auf 212.503. Die Aufklärungsquote lag dabei bei 35,2 Prozent, bundesweit jedoch bei 43,1 Prozent. Ist Wien anders?

Im Großstadtbereich gibt es mehr Massendelikte ohne konkreten Ermittlungsansatz. Ein Beispiel: In Wien wird ein Taschendieb in der U-Bahn aktiv. Das Opfer weiß gar nicht genau, wann und wo das Delikt stattfand. In einer ländlichen Gemeinde sind die Tatorte leichter einzugrenzen. Gleiches gilt für Zeugenbefragung und Spurenaufnahme.

Von den aktuellen Umstrukturierungen sind in Wien 25 Polizeiinspektionen betroffen. In Zukunft wird es 82 Exekutiv-Dienststellen geben.

Wachzimmer, die in Kürze schließen: Schmerlingplatz, Stubenring, Am Hof (alle 1. Bezirk), Marokkanergasse (3. Bez.), Rainergasse (4. Bez.), Siebenbrunnenfeldgasse (5. Bez.), Lichtentaler Gasse (9. Bez.), Neuwaldegger Straße (17. Bez.), Schulgasse (18. Bez.), Bäuerlegasse (20. Bez.), Karl-Tornay-Gasse (23. Bez.). Die Wachzimmer Kaiser-Ebersdorfer-Straße und Sängergasse (11. Bez.) werden 2017 zusammengelegt, ein Standort wird noch gesucht. Die Inspektionen Lainzer Straße und Speisinger Straße (13. Bez.) übersiedeln 2015 auf den Lainzer Platz. Die drei Diensthunde-Standorte Schüttelstraße (2. Bez.), Oberlaaer Straße (10. Bez.) sowie Baumgartner Höhe (14. Bez.) schließen demnächst.

Neue Inspektionen: Das Container-Wachzimmer Schedifkaplatz kommt in den Hauptbahnhof. Auf dem Alten Landgut entsteht eine neue Inspektion (beide 10. Bez.). Das Wachzimmer Praterstern übersiedelt in die Lassallestraße 1 (2. Bez.). Das Wachzimmer Pasettistraße kommt in ein neues Gebäude zum Nordwestbahnhof (20.Bez.). Der Polizei-Stützpunkt Berlagasse wandert in ein neues Haus, der Standort wird noch gesucht (21. Bez.). In der Seestadt Aspern kommt eine große, neue Inspektion. Das Wachzimmer Rosenbergstraße wird eingegliedert (22. Bez.). Diese Projekte werden 2017 realisiert. Und bereits 2016 entsteht eine Inspektion in der Langobardenstraße/Trondheimgasse.

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