Ein Hof für einen echten Wiener

Die Taufpaten: Ernst Hinterbergers Witwe Karla und Wohnbaustadtrat Michael Ludwi.
56 Jahre lebte Autor Ernst Hinterberger in einem Gemeindebau, der nun seinen Namen trägt.

Ich brauch’ nicht viel Grün. Die paar Bäume am Gürtel reichen mir“, erklärte Ernst Hinterberger gerne seinen Besuchern. Von 1956 bis zu seinem Tod im Vorjahr lebte der Autor und Schöpfer des „Echten Wieners“ und des „Kaisermühlen Blues“ auf 44 Quadratmetern im Gemeindebau Margaretengürtel 122–124.

Ein Hof für einen echten Wiener
Ernst-Hinterberger-Hof, Namenstaufe

Seit Dienstag heißt der bisher namenlose Bau offiziell Ernst-Hinterberger-Hof. Die Taufe nahmen Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig, Margaretens Bezirksvorsteherin Susanne Schaefer-Wiery (beide SPÖ) gemeinsam mit Hinterbergers Witwe Karla vor.

„Der Ernst hat si nie um Preise und Auszeichnungen gerissen“, erinnert sie sich, „doch diese Ehrung hätte ihn sicher zutiefst gefreut.“ Mit seinen Büchern habe er den kleinen Leuten ein Denkmal setzen wollen. „Denn über die Großkopferten – so hat er immer gesagt – werden ohnehin genug Romane geschrieben“, erinnert sich seine Witwe.

„Die Benennung nach Ernst Hinterberger ist natürlich eine große Ehre für uns“, freut sich auch Sonja Wohlfahrt, seit 1995 Hausbesorgerin in dem Hof mit seinen insgesamt 109 Wohnungen. „Er war überhaupt nicht so grantig, wie er nach außen hin vielleicht gewirkt hat, sondern ein ganz lieber, zurückhaltender und zufriedener Mensch“, erinnert sie sich an den praktizierenden Buddhisten.

Ein Hof für einen echten Wiener

Anderen Bewohnern war bisher gar nicht bewusst, dass sie Tür an Tür mit einem derart bekannten Autor lebten. „Den ,Echten Wiener‘ kenn’ ich natürlich“, sagt Lidia Jovanovic. „Mich wundert nur, dass jemand mit seinem Gehalt nicht längst woanders hingezogen ist.“ Das sei für ihn zeitlebens nie infrage gekommen, erzählt Karla Hinterberger. „Die verbaute Loggia als Arbeitsplatz hat ihm vollends gereicht. Außerdem wusste er es zu schätzen, dass die kleinen Leute mit den Gemeindebauten endlich eine Möglichkeit für ein menschliches Wohnen bekommen haben.“

Die Benennung des Gemeindebaus ist aber nicht die einzige Ehre, die dem Vater des „Mundl“ zuteil werden soll: Im 22. Bezirk könnte demnächst eine Straße seinen Namen bekommen. Schließlich war er mit seiner Frau jahrelang Stammgast im Gänsehäufel.

Hinterbergers "Kinder": Vom "Mundl" bis zum "Trautmann"

Die Stadt Wien feiert dieser Tage den Start des ersten kommunalen Wohnbauprogramms vor genau 90 Jahren. Anlass für die Ausstellung „Gemeinde baut – Wiener Wohnbau 1920 bis 2020“, die noch bis 6. Oktober im Architekturzentrum läuft. 7., Museumsplatz 1, 10 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Lexikon

Ein umfassendes Nachschlagewerk zum Thema ist ein soeben erschienenes Lexikon, in dem sich detaillierte Infos und Fotos zu sämtlichen Anlagen – vom Karl-Marx- bis zum Goethehof – finden. Ursula Schwarz, Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Gemeindebauten, Pichler Verlag, 320 Seiten, 19,99 Euro.

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