Gelähmte musste im Rollstuhl Pension abholen

bettlägrige
Beträge über 1500 Euro muss man sich persönlich von der Post abholen. Selbst, wenn man gelähmt ist.

Marietta B. kann nicht alleine aufstehen. Ihre linke Seite ist teilweise gelähmt, ihren rechten Fuß kann sie wegen eines Knöchelbruchs nicht belasten. Damit nicht genug: Wegen ihrer körperlichen Gebrechen fiel sie im April beinahe um ihre Pension um.

Die letzten vier Monate holte ihre jüngere Schwester Judith B. den Geldbetrag bei der Post ab. Die ehemalige Schauspielerin leidet an Multipler Sklerose und kann selbst kaum gehen. Trotzdem machte sie sich jedes Monat mit einem Vollmachtsschreiben auf den Weg zur nächsten Filiale.

Doch im April verweigerte der Postbeamte die Auszahlung. Denn in diesem Monat erhalten Pensionisten einen Sonderbetrag. Daher betrug die Pension 1874 Euro statt der üblichen 1057 Euro. Und eine Summe von mehr als 1500 € darf die Post an den Empfänger nur persönlich aushändigen. Der Umstand, dass Marietta B. nicht aus ihrem Bett kommt, änderte daran nichts.

Rollstuhl

Einer Betreuerin und einem Nachbarn blieb daher nichts anderes übrig, als die 69-Jährige in einen Rollstuhl zu hieven und zur Post zu schieben. „Ein Weg, für den man eigentlich drei Minuten braucht, kostete uns eine Stunde“, erzählt die Pflegebedürftige. „Was ist das für ein Sozialstaat?“

„Es gibt einfach gewisse Sicherheitsgrenzen“ , erklärt ein Sprecher der Post. Je höher der Geldbetrag, desto schärfer seien die Maßnahmen. „Das passiert nur im Interesse der Kunden.“ Die ehemalige Hundefriseuse kann nicht begreifen, wie diese Tortur in ihrem Sinne gewesen sein kann.

Doch das sind nicht die einzigen Probleme der Pensionistin: Wegen der Betreuung hat sie schon 6600 Euro Schulden gemacht. Dabei geht sich nicht einmal eine 24-Stunden-Hilfe aus. Die hätten die Schwestern jedoch bitter nötig. Derzeit sind sie sieben Stunden täglich betreut. Den Rest der Zeit verbringen sie alleine. Wenn etwas passiert? Diese Frage kostet der Schwester Judith B. nur ein trockenes Lachen: „Dann haben wir Pech.“

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