Geheimprozess: V-Mann um 100.000 Euro geprellt

Der Spitzel-Fall wurde top secret verhandelt
Ein Drogenfahnder soll die Belohnung des Staates nicht an seinen Informanten abgeliefert haben.

Seit ein ehemaliger Chefinspektor der Wiener Polizei vor drei Jahren wegen Amtsmissbrauchs aus dem Verkehr gezogen und verurteilt worden ist, gelten für den Einsatz von sogenannten Vertrauenspersonen strenge Regeln. Die Beamten, die sich von Spitzeln Zunds geben lassen, müssen darüber genau Buch führen (und verlieren deshalb zusehends die Lust an dieser Ermittlungsmethode): Wer hat wann worüber ausgepackt und dafür was bekommen? Bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität gibt es Pauschalsätze, wie viel Zundgeld dem Spitzel pro Kilo aufgegriffenem Suchtgift zusteht.

Das erleichtert Zundgebern, die sich um ihre Prämien geprellt fühlen, den Nachweis. Einer hat es jetzt geschafft, „seinen“ Polizisten, von dem er als V-Mann geführt worden war, vor Gericht zu bringen. Der 41-jährige Drogenfahnder (der mittlerweile eine Detektei eröffnet hat) ist wegen Veruntreuung angeklagt. Er soll seinem Informanten zwischen 2006 und 2011 insgesamt an die 100.000 Euro Belohnung vorenthalten und in die eigene Tasche gesteckt haben.

Ernste Gefahr

Wofür man als Spitzel so viel Geld verdient und wie genau das abgerechnet wird, erfährt die Öffentlichkeit allerdings nicht. Das Innenministerium macht keine Angaben dazu – und der Fall wurde in einem Geheimprozess erörtert. Die Wiener Richterin Gerda Krausam schloss die Öffentlichkeit noch vor Anklageverlesung mit der Begründung aus, der Zeuge könnte durch Aufdeckung seiner Identität einer ernsten Gefahr ausgesetzt sein.

Der Linzer Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer hält das für zulässig, auch wenn der einstige Spitzel die Polizei längst nicht mehr mit Zunds bedient. Er könnte aber immer noch Rachegelüsten ehemals ans Messer gelieferter Leute ausgesetzt sein.

Allerdings hätte das Gericht auch andere Möglichkeiten, den Zeugen zu schützen. Er könnte – etwa über Antrag des Staatsanwalts – vermummt auftreten, hinter verschlossenen Türen aussagen und nur dem Gericht sein Gesicht zeigen. Bei dieser Entscheidung hat die Vorsitzende laut Birklbauer aber freie Hand.

Das Einzige, was im Geheimprozess öffentlich verkündet werden muss, ist das – für morgen, Freitag – geplante Urteil.

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