Gangbetten: Wiens Krankenhäuser bekommen das Problem nicht in Griff

Zugesandtes Foto eines Lesers
Trotz geplanter Reform bekommen nicht alle Patienten einen Platz im Krankenzimmer.

Es gibt derzeit keine Grippewelle und keine erhöhte Unfallgefahr durch Glatteis. Dennoch werden in Wiens Spitälern Patienten aus Platzmangel immer wieder in Betten am Gang untergebracht.

Zum Beispiel in der Rudolfstiftung, wie ein Foto zeigt, das am Mittwoch ein Leser am Mittwoch dem KURIER schickte. "Eine unwürdige Situation", kommentiert Personalvertreter Karl Pogats. Aber bei weitem kein Einzelfall: Allein am Mittwoch mussten in der Rudolfstiftung 21 Menschen am Gang schlafen. Ähnlich im Wilhelminenspital, wo laut Betriebsrat täglich gar 35 bis 45 Patienten in Gangbetten schlafen. "In Wahrheit sind wir knapp davor, dass wir zwei Patienten in ein Bett legen müssen", schlug Personalvertreter Günter Wukovits im ORF Alarm. Im Schnitt würde jeder Patient einen Tag am Gang verbringen.

Während der KAV große langfristige Umstrukturierungspläne für das Wiener Spitalswesen wälzt, ist dieses alltägliche und seit Jahren bekannte Problem offenbar nicht in Griff zu bekommen. Als der KURIER im Vorjahr über die mit Gangbetten vollgerammelte Unfallchirurgie im Wilhelminenspital berichtete, betonte der KAV, eine eigene Taskforce solle die Situation entschärfen. Genutzt hat das nichts – wie Personalvertreter Wukovits kritisiert: "Es sei denn, es kündigt sich wieder einmal ein Besuch von Politikern an. Dann sind plötzlich alle Gangbetten verschwunden."

Auch in der Rudolfstiftung fühlt man sich von den verantwortlichen Politikern im Stich gelassen. "Seit mehr als 25 Jahren ist das Problem bekannt, wir weisen immer wieder darauf hin", schildert Pogats.

Alle würden unter der Situation leiden – neben den Patienten auch die Angehörigen und die Krankenhausmitarbeiter. Die Patienten hätten keine Privatsphäre: "Es gehen Besucher vorbei, während Patienten ihre Notdurft verrichten müssen oder entblößt untersucht werden", beschreibt Pogats einige der Probleme. "Außerdem können sich die Angehörigen nicht zu den Patienten setzen." Nicht zuletzt sei es am Gang auch in der Nacht hell – der für die Genesung wichtige Schlaf sei dadurch gestört.

Hohe Bettendichte

Dabei sollte es – zumindest theoretisch – gar keine Gangbetten geben: Schließlich verfügt Österreich europaweit über die höchste Dichte an Akutbetten, wie erst kürzlich der Rechnungshof feststellte.

"Es mangelt sicher nicht an Spitalsbetten", sagt auch Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz. Es mangle allerdings an einem abteilungsübergreifenden Bettenmanagement. So komme es vor, dass Gangbetten eingerichtet werden müssten, obwohl es in anderen Abteilungen noch freie Betten gebe.

Mitverantwortlich seien laut Wukovits auch die geriatrischen Patienten, die ins Krankenhaus kommen, obwohl sie in auch anderen Einrichtungen versorgt werden könnten. Ähnlich sieht das Pilz: "In manchen Pflegeeinrichtungen, die nicht zum KAV gehören, gibt es am Wochenende keinen medizinischen Dienst. Die Patienten werden dann gleich ins Krankenhaus gebracht. Das Problem ist: Die Türen der Spitäler stehen am schnellsten offen."

Jonglieren mit Zahlen

Wie viele Gangbetten es gibt, ist offenbar Ansichtssache: Im Wilhelminenspital habe es zuletzt nicht 45, sondern – von Doppelzählungen bereinigt – lediglich 15 gegeben, betont ein Sprecher des KAV. Und selbst das sei ein absoluter Spitzenwert gewesen.

Dass die Gangbetten-Taskforce nichts gebracht habe, weist man zurück: "Dank ihr ist die Zahl der Überbelagsbetten im Bereich der Unfallchirurgie massiv gesunken", betont ein Sprecher. "Bei absehbarem Überbelag gibt es neue Abläufe wie optimierte Rettungsanfahrten für einen gewissen Zeitraum. Diese neuen Abläufe werden auch in allen anderen Stationen angewandt."

Mitarbeit: Leonie Pohl (14 Jahre, Praktikantin)

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