Fußgänger auf dem Vormarsch
Wenn Johanna Rachinger in die Arbeit kommt, wechselt sie erst einmal ihre Schuhe.
Sie schlüpft von ihren bequemen Geh-Schuhen in die eleganten Arbeitsschuhe. Die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek geht täglich zu Fuß ins Büro (und meist auch wieder per pedes nach Hause). Von ihrer Wohnung in der Josefstadt bis zum Arbeitsplatz in der Hofburg sind es etwa 2,5 Kilometer. Das gibt ihr jeden Morgen eine halbe Stunde Zeit, den Kopf freizumachen. Und das Laufband im Fitnessstudio erspart sie sich auf diesem Wege auch.
Kein Platz
Noch sei Zu-Fuß-Gehen das Stiefkind im Verkehr, meint der grüne Verkehrssprecher Rüdiger Maresch. Obwohl zu Fuß fast gleich viele Wege wie mit dem Pkw zurückgelegt werden, nimmt das Auto zwei Drittel der Straße ein. "Das muss sich ändern", fordert Maresch.
Vorbild sind Städte wie Barcelona, wo es ganze Wohngebiete mit Begegnungszone und 10 km/h Tempolimit gibt, oder Paris, wo manche Grätzel am Wochenende gänzlich autofrei sind.
Geh-App
Ab April wird es zudem einen eigenen Stadtplan für Fußgänger sowie eine Geh-App geben. Auf ihnen werden öffentliche Durchgänge, Sehenswürdigkeiten und Toiletten angezeigt. Zudem sollen die Wiener für das Gehen belohnt werden: "Mit der App werden Schritte zur Währung. Für gegangene Kilometer kann man sich Belohnungen abholen", erläutert Petra Jens. "Vom Schuhlöffel bis zum Trolley."
Diese Maßnahmen findet Eugene Quinn sehr gut, aber noch nicht genug: "Gehen muss sexy werden", fordert Quinn. "So wie bei den Italienern. Die haben es kapiert."
Und so organisiert er Veranstaltungen, um den Wienern ihre Stadt schmackhafter zu machen. Wie zum Beispiel "Ohrwaschl-Konzerte", bei denen Gehsteigvorziehungen zur Bühne werden. Bald soll es auch "Soul Food Safaris" geben, bei denen die Gäste für ein Drei-Gänge-Menü zu drei Restaurants gehen. Am 2. Mai findet die erste "Ugly Walking Tour" statt, bei der Wiens hässlichste Häuser besucht werden. Vier davon, soviel verrät Quinn, befinden sich beim Stadtpark.
Die Stadt nimmt sich heuer dem Zu-Fuß-Gehen an. Es gibt räumliche Änderungen, neue Karten und Großveranstaltungen, wie das Streetlife-Festival im Herbst.
Space and PlaceDer Londoner Eugene Quinn organisiert mit der Gruppe „Space and Place“ Veranstaltungen in Wien, die Menschen zum Gehen und in Kontakt bringen möchte.
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