Ex-OGH-Präsident erfuhr, „wie es einem vor Gericht geht“

Alt-OGH-Präsident Rzeszut unterstellte Natascha Kampusch, eine Schwangerschaft während der Gefangenschaft verschwiegen zu haben.
Johann Rzeszut ist wegen falscher Zeugenaussage angeklagt. Schuld sieht er keine.

Dass man „in dieser Republik wegen so etwas ein Strafverfahren abhält“, hätte der pensionierte Präsident des Obersten Gerichtshofes „nicht gedacht“. Aber wenn Johann Rzeszut schon wegen falscher Zeugenaussage vor Gericht muss, dann will er das stehend hinter sich bringen. Was Richterin Claudia Geiler mit der Bemerkung unterbindet: „Bleiben S’ sitzen, Sie können net a Stund’ stehen!“

Rzeszut war Mitglied jener Evaluierungskommission, die behördliche Fehler im Entführungsdrama um Natascha Kampusch aufdecken sollte. „Mein kritischer Standpunkt ist ja bekannt“, sagt Rzeszut, der die Einzeltätertheorie anzweifelt. Außerdem unterstellte er dem Entführungsopfer öffentlich, eine Schwangerschaft verheimlicht zu haben. Darin verbiss sich ein Abteilungsinspektor der Polizei und versuchte im Februar 2012 auf eigene Faust in einer Volksschule, an die DNA eines Mädchens zu gelangen, das er für die Tochter von Natascha Kampusch hielt.

Davor und danach stand der (wegen Amtsmissbrauchs nicht rechtskräftig zu zehn Monaten bedingt verurteilte) Polizist mit Rzeszut in regem persönlichen und telefonischen Kontakt (wie eine Rufdaten-Rückerfassung ergab). Am Tag der illegalen Aktion in der Schule gab es vier Versuche von Rzeszut, den Polizisten zu erreichen. In einem SMS informierte dieser den einstigen Höchstrichter, er habe nicht ausgesagt, von ihm angestiftet worden zu sein.

Menschlicher Reflex

Gleich darauf, im März 2012, wurde Rzeszut als Zeuge einvernommen. Und er gab an, nach zwei Treffen im Jahr 2011 „keinen Kontakt mehr“ mit dem Polizisten gehabt zu haben. Kein Kontakt? Ein Telefonat dauerte immerhin elf Minuten. Für Richterin Geiler steckt hinter der unwahren Aussage von Rzeszut der menschliche Reflex, mit dem Polizisten nur ja nichts zu tun zu haben.

Der einstige oberste Strafrichter redet sich auf das „Kurzzeitgedächtnis eines 74-Jährigen“ aus. Die Telefonkontakte hätten keinen „Erinnerungswert“ gehabt. Außerdem will er nicht erkannt haben, dass es sich um eine Einvernahme gehandelt hat: „Für mich war das ein kollegiales Gespräch.“

Aber Rzeszut weiß ja auch nicht, dass man eine Richterin schlicht mit „Frau Rat“ anspricht. „Kollegin darf ich aus dieser Position nicht sagen“, auch wenn er gerne anbringen will, dass die Situation „für Sie als Richterin auch nicht angenehm ist.“ Vom mangelnden „Akzeptanzgewinn für die Justiz“ ganz zu schweigen. Die Vorsitzende führt mit einem: „Sie reden sehr viel, aber sagen eigentlich nichts“ zum Thema zurück: Zu zahlreichen Kontakten zwischen dem Polizisten und Rzeszut, die dieser verschwiegen hat. Er sei ins Kreuzverhör genommen worden, sagt der Beschuldigte, das habe sogar ihn als „Vernehmungsroutinier aus den Socken gehaut.“ Richterin: „Jetzt wissen Sie, wie es einem geht, wenn man vor Gericht ist.“

Das Verfahren wegen Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch des Polizisten wurde im September eingestellt, der Prozess wegen Falschaussage (den viele aktive und pensionierte Richter verfolgten) wird am 12. Februar fortgesetzt.

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