Nüchterne Anklage gegen Neonazis

Nüchterne Anklage gegen Neonazis
Die sieben Verdächtigen streiten Beteiligung ab. Angeklagter Aktivist widersprach sich.

Staatsanwalt Hans Peter Kronawetter verwendet oft reißerische Wörter: Als er den deutschen Demonstranten gegen den Akademikerball, Josef S., anklagte, schrieb er in der Anklageschrift über „Demonstrationssöldner“ und „Chaoten“. Solche Ausführungen sparte er am Dienstag im Verfahren rund um den rechtsextrem motivierten Angriff auf das Ernst-Kirchweger-Haus in Wien-Favoriten aus.

Kronawetter kleidete seinen Vortrag in nüchterne Worte. Sieben bis zehn Personen drangen am 27. Oktober des Vorjahres in das Gebäude ein, ein Gewerkschafter wurde auf der Stiege verletzt. Die Angreifer wurden vor das Haus gedrängt, wo nunmehr 30 Personen standen, die erneut das Gebäude stürmen wollten. Aktivisten verfolgten die Angreifer und verletzten eine Person.

Rechtsextreme Fangruppe

Den Kontext sparte er – bewusst – aus. Der interessierte die Zuhörer, denn die nunmehr sieben Angeklagten sollen der rechtsextremen (und von Austria Wien ausgeschlossenen) Fangruppe „Unsterblich Wien“ angehören. Kronawetter, so der Vorwurf einer Gewerkschafterin, mache aus einem „neonazistischen Angriff“ eine „unpolitische Rauferei“.

Die sieben Männer, drei davon vorbestraft, müssen sich wegen Hausfriedensbruch verantworten, einer wegen einfacher Körperverletzung. Mit ihnen sitzen zwei Gewerkschafter auf der Anklagebank, denen ebenfalls Körperverletzung angelastet wird.

Die sieben Verdächtigen haben eines gemeinsam: Sie kennen zwar „Unsterblich Wien“, wollen aber mit der als „gewaltbereit und rassistisch“ (Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes) beschriebenen Bewegung nichts zu tun haben. Und sie kennen einander angeblich nur teilweise – und überwiegend flüchtig. Die Männer, die sich für unschuldig erklärten, wollen gar nie im Haus gewesen sein, wie ihr Verteidiger, Philipp Winkler, ausführte. Die 27 bis 41 Jahre alten Verdächtigen verkauften sich von ihrer besten Seite.

"Zahnlose Fußballfans"

Auf den Vorhalt, dass der Zweitangeklagte P., der auf Gewerkschafter F. eingeprügelt haben soll, an seinen damals fehlenden Vorderzähnen erkannt worden sei, erklärte dieser: „Fußballfans haben öfter keine Zähne.“ Der tätowierte Hüne, der sich auf Facebook „Menschenfeind“ nennt und rechtsradikale Sprüche postet, musste wegen einer Panik-Attacke den Saal verlassen.

Belastet wurden auch zwei Gewerkschafter. Sie, so behaupten es mehrere Angeklagte, sollen nach einer mehrminütigen Verfolgung auf P. mit der Faust und mit einem Wischmopp eingeschlagen haben. Beide gaben an, die Verdächtigen nur für die Polizei gestellt zu haben. Einer der zwei Männer, der den Vorfall auf der Stiege beobachtet hat, widersprach sich dabei, wer letztlich zugeschlagen haben soll.

Kommenden Dienstag wird der im Stiegenhaus attackierte Gewerkschafter aussagen. Vor dem Gericht ist eine Demo geplant.

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