Eine Arztpraxis, die keiner haben will

In der Ordination in Favoriten werden weiterhin 60 bis 70 Patienten pro Tag versorgt
Immer noch haben Kassa und Kammer keinen Nachfolger für Arzt, der Berufsberechtigung verloren hat.

Im Gesundheitswesen mahlen die Mühlen oft besonders langsam: Eineinhalb Jahre ist es her, dass der Allgemeinmediziner Youssef Al-Hachich seine Berufsberechtigung verlor. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Arzt – es geht unter anderem um den Verdacht der Arzneimittelfälschung. Außerdem wurden dem Arzt, der in seiner Praxis in der Laxenburger Straße (Wien-Favoriten) bis zu 6000 Patienten betreute, der Kassenvertrag entzogen (der KURIER berichtete).

Doch immer noch nicht haben es Ärztekammer und Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) geschafft, einen Nachfolger mit Kassenvertrag für Al-Hachich zu finden. Zwar lief bereits eine Ausschreibung, letztlich fand sich aber kein Mediziner, mit dem man sich auf eine Übernahme der Ordination einigen konnte. "Schrittweise sind sämtliche Bewerber zurückgetreten", heißt es bei der WGKK.

Neuer Anlauf

Jetzt nehmen Kammer und Kasse einen neuen Anlauf mit geänderten Bedingungen: Die neue Ausschreibung gilt nicht mehr für Praxis in der Laxenburger Straße, sondern für den gesamten 10. Bezirk. Die Einreichfrist läuft noch bis Ende November. In der Ordination selbst herrscht indes nach wie vor reger Betrieb. 60 bis 70 Patienten werden hier weiterhin täglich versorgt. Und zwar von Wahlärzten in wechselnder Besetzung. Für ihre Tätigkeit verlangen sie von den Patienten zehn Euro pro Monat, die – zumindest zum Teil – von der WGKK rückerstattet werden.

Derzeit behandelt der gebürtige Syrer Abdul Mounem Altoundji die Patienten, die vielfach einen migrantischen Hintergrund haben. Doch die Arbeit werde immer schwerer, klagt er im KURIER-Gespräch: "Fast täglich werden wir von der Kasse schikaniert. Wir müssen jede einzelne Krankschreibung ganz genau belegen. Patienten werden befragt, wie der Arzt, der sie behandelt hat, heißt und wie er aussieht", ärgert sich der Arzt. "Man hat den Eindruck, es soll irgendein Grund gefunden werden, um die Ordination zu schließen."

Ein Vorwurf, den die WGKK zurückweist: "Es gibt selbstverständlich keine Schikanen", betont eine Sprecherin. "Im Übrigen hat die WGKK keine rechtlichen Möglichkeiten, einem Arzt eine Wahlarzt-Ordination wegzunehmen."

Verfahren gegen Ärzte

Ungemach droht jetzt aber von anderer Seite: Die MA 40 (zuständig unter anderem für Gesundheitsrecht) hat ein Verfahren gegen zwei dort tätige Ärzte eingeleitet. Da es noch nicht abgeschlossen ist, will man sich zu näheren Einzelheiten aber nicht äußern.

Zuletzt stand auch der Verdacht im Raum, dass Al-Hachich selbst noch Patienten behandelt habe, was dieser und sein Personal stets entschieden bestritten haben. "Den Herrn Doktor hab ich hier seit Monaten nicht mehr gesehen", sagt auch eine Patientin beim KURIER-Lokalaugenschein. "Eigentlich schade, denn er war ein sehr guter Arzt."

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