Die Öffis fahren ins Minus

Die Öffis fahren ins Minus
Wiener Linien haben 6,5 Millionen weniger Fahrgäste als im Jahr zuvor.

Erstmals seit 2003 fahren die Wiener Linien wieder ein Minus bei den Fahrgastzahlen ein. Das zeigt die Statistik der offiziellen Jahresbilanz, die dem KURIER vorliegt.

Auch wenn das Minus umgerechnet nur 0,7 Prozent beträgt – für die rot-grüne Stadtregierung, die es sich klar zum Ziel gesetzt hat, den Öffianteil zu steigern, ist das ein herber Rückschlag.

Konnten die Wiener Linien in den vergangenen Jahren Zuwachszahlen von mehr als 30 Millionen Fahrgästen vermelden, ist das Ergebnis von 2013 ernüchternd. Von 906,6 Millionen im Jahr 2012 sank die Zahl im Jahr 2013 auf 900,1 Millionen Passagiere (siehe Grafik).

Ganz anders ist der Trend bei den Jahreskartenbesitzern. Hier gewann man im vergangenen Jahr 70.000 neue Besitzer hinzu und hielt Ende 2013 bei 582.000. Mittlerweile dürfte man bereits knapp an der 600.000er- Marke sein.

Ursachenforschung

Die Gründe für den Rückgang der Gesamtpassagiere kann man sich bei der Stadt hingegen nicht so recht erklären. Es dürfte allerdings eine Reihe von Faktoren sein.

Zum einen werden die zuletzt getätigten Investitionen in die Infrastruktur wie die Verlängerung der U2 in die Seestadt Aspern erst in der Zukunft mehr Fahrgäste bringen. Zum anderen sind viele U-Bahn-Linien an Spitzenzeiten an ihrer Kapazitätsgrenze. Auch die häufigen Ausfälle der U4 dürften sich nicht positiv ausgewirkt haben. Das zeigt auch der Umstand, dass das Minus vor allem auf den U-Bahn-Linien eingefahren wurde, während die Passagiere in den Straßenbahnen stabil geblieben sind und es bei den Bussen sogar ein Plus gab. Dazu kommen die moderate Steigerung des Radverkehrs und neue Mobilitätsangebote wie Car2go oder Carsharing.

Öffi-Stadträtin Renate Brauner (SP) sieht nun vor allem die Qualität gefordert. Seit der Qualitätsoffensive im Herbst hätten die Wiener Linien Fahrgäste dazu gewonnen, sagt Brauner (siehe Interview). Also soll weiter in den Ausbau investiert werden.

So wird heuer die Sanierung der U4 begonnen. Die Erneuerung beginnt mit dem Umbau der Stellwerke Hütteldorf und Meidling. Die Arbeiten der größten U-Bahn-Sanierung in der Geschichte der Wiener Linien werden bis 2020 dauern.

Auch bei der U6 wird es heuer Verbesserungen geben. So wird 2014 die denkmalgeschützte Otto-Wagner-Station Alser Straße generalsaniert. Bis Ende des Jahres werden fünf neue Garnituren in Betrieb gehen. Damit können die Intervalle auf der U6 auf bis zu 2,5 Minuten verdichtet werden. Langfristig soll auch die neue U1 in den Süden neue Fahrgäste bringen. Die Bilanz für 2014 sollte daher wieder ein Plus ausweisen.

Die Öffis fahren ins Minus

Frau Brauner, nach Jahren des Wachstums haben die Wiener Linien 2013 ein Minus bei der Fahrgastzahl eingefahren. Dabei hieß es, die Öffis boomen wie nie zuvor. Wie ist das möglich?

Erst einmal haben wir unser absolut tolles Niveau von mehr als 900 Millionen Fahrgästen gehalten. Allein die Tatsache, dass im Vorjahr ein Schaltjahr war, erklärt einen großen Teil des Rückgangs. Auch haben wir im Herbst mit unserer Qualitätsoffensive viele neue Fahrgäste dazugewonnen.

Dennoch ist es ein Minus geworden. Haben Sie eine Erklärung?

Wir haben zuletzt in Infrastrukturprojekte investiert, die mittelfristige Auswirkungen haben, wie etwa die Eröffnung der U2 Richtung Seestadt Aspern.

Gleichzeitig ist die Zahl der Jahreskartenbesitzer auf knapp 600.000 gestiegen.

Es war auch unsere Strategie, möglichst viele Wiener von diesem tollen Angebot zu überzeugen. Die Kundenzufriedenheit unser Fahrgäste ist sehr hoch, 98 Prozent der befragten Personen bewerten die Wiener Linien positiv.

Wie wollen Sie insgesamt wieder mehr Fahrgäste erreichen?

Man sieht, dass man nur dazugewinnt, wenn die Fahrgäste zufrieden sind. Deswegen investieren wir heuer 460 Millionen Euro, allen voran in die Linie U4. Aber auch in die U6, wo wir vorausschauend 2011 fünf neue Garnituren bestellt haben. Dort werden wir künftig im Intervall von 2,5 Minuten fahren können.

Wird es im Gegenzug Preiserhöhungen geben?

Wir versuchen, die Jahreskarte so lange wie möglich bei 365 Euro zu halten. Aber auch bei den Einzeltickets ist in absehbarer Zeit keine Erhöhung geplant.


Die Öffis fahren ins Minus
Renate Brauner (SP) will weiter in die Infrastruktur investieren.

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