Die neue Bäckerstraße

Das Ölz-Café auf der Landstraße Hauptstraße 19 lockt den Kunden mit rustikalem Charme
Bäcker entdecken Gastronomie. Auf der Landstraßer Hauptstraße eröffnet bereits das 3. Lokal.

Körbe gefüllt mit duftendem Gebäck. Dazu weiche Eier und eine Tasse Kaffee. Oder am Abend ein gutes Achterl Wein. Das Ganze vermengt mit Traditionsbewusstsein und individuellem Charme – fertig ist das neue Erfolgsrezept der Bäckereien. Denn Semmeln verkaufen alleine reicht nicht mehr. Immer mehr setzen auf ein zweites Standbein: die Gastronomie.

Die Landstraßer Hauptstraße im dritten Bezirk scheint dafür der ideale Standort zu sein. Anfang Februar eröffnet in der Nummer 82 der „Ströck Feierabend“: eine Filiale des Wiener Bäckers. Unter dem Motto „Brot und Wein“ werden täglich À-la-carte-Gerichte und heimische Weine serviert. Der Fokus liegt auf regionalen und saisonalen Produkten. „Im Winter wird sich keine Erdbeere in unseren Obstsalat verirren“, sagt Christoph Ströck.

Mit seinem Gastro-Konzept ist Ströck schon der Dritte im Bunde.

Bistro

Im November des Vorjahres sperrte Josef Weghaupt in der Landstraßer Hauptstraße 4 das Joseph-Brot-Bistro auf. Dort wird nicht nur täglich von 7 bis 21 Uhr Bio-Brot aus dem Waldviertel verkauft, sondern auch gekocht. Mit heimischen Produkten direkt vom Bauern. Von welchen Bauern die Produkte kommen, steht in der Speisekarte.

Und schon 2010 eröffnete Bäckermeister Rudolf Ölz in der Nummer 19 ein Café-Restaurant, in dem nicht nur Frühstück, sondern auch täglich Mittagsmenüs serviert werden.

Patenkind war die belgische Kette „Le Pain Quotidien“. Für die Firma, die ihre Ware normalerweise im Supermarkt anbietet, ist das Lokal vollkommen neues Terrain. „Wir wollten etwas Neues probieren; vor Ort richtig gutes Brot backen“, sagt Kapelari-Langebner.

Zufall ist das keiner, wie Peter Schnedlitz vom Institut für Handel und Marketing der Wirtschaftsuniversität erklärt. Er schreibt solchen „Flagshipstores“ vor allem eine Marketing-Funktion zu: „Solche Lokale sollen die Marke stärken“, sagt Schnedlitz. Auf Semmeln kann man schwer ein Logo anbringen.

Ein weiterer Grund für diese Entwicklung: Die Bäcker sind in einer „Sandwich-Position“. Auf der einen Seite befinden sich die Backstraßen der Supermarktketten, wo man Semmeln schon um 15 Cent kaufen kann. Auf der anderen Seite steht die Systemgastronomie. „Bäckereien verlagern ihr Geschäft also in einen Sektor, der weniger preissensibel ist“, sagt Schnedlitz.

Konkurrenz

Christoph Ströck kann die prekäre Lage seines Gewerbes nur bestätigen: „Bäcker haben es derzeit in Wien nicht leicht – man muss sich schon etwas überlegen.“ Das versucht er nun mit dem Konzept seiner Feierabend-Filiale.

Doch wie viele solcher Bäcker-Restaurants haben auf einer Straße Platz? Ölz-Geschäftsführerin Daniela Kapelari-Langebner hat diesbezüglich keine Sorge. „Am Naschmarkt ist es doch auch umso belebter, je mehr Lokale es gibt.“ Sie ist sich jedoch bewusst: „Das eigene Konzept muss aber natürlich stimmen.“

Josef Weghaupt, Unternehmensgründer von Joseph Brot, lässt sein Konzept nicht gern mit dem anderer Bäckereien vergleichen. „Wir brauchen uns nicht den Umsatz aus der Gastronomie holen, weil es allein mit dem Brot nicht geht. Wir verstehen unser Gastro-Angebot als Statement, dass es auch anders geht“, sagt Weghaupt. „Wir verarbeiten ausschließlich regionale und saisonale Produkte von Bauern, die wir persönlich kennen.“ Den Zwischenhandel schaltet Joseph Brot für seine Produkte aus.

Die drei Bäcker betonen jedenfalls die Unterschiedlichkeit ihrer Restaurant-Konzepte. Das Anknüpfen an Tradition und Ursprung scheint ihnen trotzdem gemeinsam zu sein.

Bäcker in Zahlen

18.092 Bechäftigte: So viele Menschen waren im Jahr 2012 als unselbstständige Bäcker gemeldet. Zum Vergleich: 2005 waren es noch 21.842 Beschäftigte.

1735 Bäcker: So viele sind alleine in Wien tätig. Sie arbeiten in 143 verschiedenen Filialen.

70 Kilogramm: So viel Brot essen die Österreicher im Durchschnitt pro Jahr.

Kommentare