Die Blauen in der Facebook-Falle

Zwielicht – Ein FP-Mitarbeiter pflegte Kontakt zu deutscher Nazigröße.

Stefan Gotschacher fühlt sich falsch verstanden. Er sei weder Neonazi noch rechtsextrem. „Das ist lächerlich“, beteuert der Pressesprecher der Wiener FPÖ. Was ist passiert? Wenige Wochen nachdem FPÖ-Boss Heinz-Christian Strache mit einem antisemitischen Cartoon auf Facebook für Schlagzeilen sorgte, gerät nun auch ein FP-Mitarbeiter ins Zwielicht. Dem KURIER liegen Screen­shots vor, die strafrechtlich irrelevant sein mögen, die aber zeigen, wie Mitarbeiter online rechte Freundschaften pflegen. So ist Gotschacher auf Facebook etwa Mitglied einer Gruppe, die Freiheit für Gerhard Ittner fordert. Laut Spiegel ist der Deutsche nicht nur glühender Verehrer Adolf Hitlers. Kriminalisten untersuchen auch mögliche Kontakte zur Terrorzelle NSU, die mehrere Morde in Deutschland verübt hat. Ittner saß in Portugal in U-Haft und wurde am Dienstag nach Deutschland ausgeliefert.

Wer will mit diesem Mann befreundet sein? Gotschacher: „Ich kenne Ittner nicht.“ Wahrscheinlich sei ihm eine Freundschaftsanfrage „durchgerutscht“, die nicht hätte durchrutschen dürfen. Bei mehr als 1500 „Freunden“ könne das passieren. „Ich habe ihn jetzt auch gelöscht.“

Was Gotschacher auch nicht gewusst haben will, ist, dass er ein Lied einer Band im Netz verbreitete, die von deutschen Behörden als erste Band zur kriminellen Vereinigung erklärt wurde: Gotschacher postete einen der wenigen nicht verbotenen Songs des Tanzorchesters Immervoll – ein Pseudonym für die Neonazi-Band Landser. Zwar ist der konkrete Song harmlos, doch die Frage bleibt: Was hat die Gruppe auf der privaten Facebook-Seite eines FP-Mitarbeiters verloren – auf einer Seite, auf der Aussendungen publiziert werden und die Gotschacher „nur beruflich“ nutzt? Der Pressesprecher will das Pseudonym nicht gekannt haben. Einmal mehr: „Als mich ein Bekannter darauf aufmerksam gemacht hat, habe ich das Lied gelöscht.“

Einzelfall? Hans-Henning Scharsach glaubt nicht an Zufälle. „Das ist symptomatisch für die FPÖ“, sagt der Verfasser des Buchs „Strache – Im braunen Sumpf“. Er berichtet darin u. a. von einem Facebook-Freund mehrerer FPÖ-Mandatare, der vor dem Grabstein des einstigen Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß posiert. „Auch Politiker können sich ihre Freunde aussuchen“, sagt Scharsach. Für den grünen Nationalrat Karl Öhlinger hat Gotschacher eine Grenze überschritten. Zwar räumt er ein, dass nicht alle Kontakte rechtsextrem seien, aber: „Es ist nicht zu rechtfertigen, wenn jemand mit einem der schlimmsten Neonazis Deutschlands sympathisiert. Hier ist sich jemand seiner Funktion nicht bewusst.“ – Martin Gantner

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