Der Demo-Missbrauch: Kampf den City-Staus

Der Demo-Missbrauch: Kampf den City-Staus
Stadtpolitik will Polizei den Rücken stärken. Wiener Veranstaltungsgesetz soll reformiert werden.

Demos und Events legten den Ring heuer bis dato 78 mal lahm. Alle dreieinhalb Tage kollabierte deshalb der Verkehr in und rund um die City. Autofahrer, Öffi-Nutzer, Touristen und Geschäftsleute werden Opfer der übertriebenen Demo- und Eventkultur. Kurz vor den Wahlen wurde das Thema zum Aufreger.

Der KURIER lud die Verkehrssprecher von SP, F, VP, Grüne und Neos, unterstützt von einem Top-Verfassungsjuristen plus einem ÖAMTC-Experten zur Diskussion. Fazit: In Wien regiert der Demo-Missbrauch. Nach den Wahlen soll es Änderungen geben.

Zur Erklärung: Das in der Verfassung als Grundrecht verankerte Versammlungs- bzw. Demonstrationsrecht wird von der Bevölkerung sowie der Politik als unverrückbar definiert. Gegen die inflationäre Zweckentfremdung des Rings – für zum Teil skurrile Veranstaltungen – wächst jedoch hartnäckiger Widerstand. In der Kritik steht das Veranstaltungsgesetz sowie der Umstand, dass Polizeijuristen kaum Möglichkeiten haben, angemeldete Demos auf der Hauptverkehrsader zu untersagen, oder auf andere Routen zu kanalisieren.

Politiker-Argumente

"Events wie die dreitägige Ringsperre vor der Oper im Sommer wegen des Tom Cruise-Films gehören verhindert. Eine Einschränkung des Demonstrationsrechtes kommt nicht in Frage", erklärte Rüdiger Maresch von den Grünen.

Neos-Verkehrssprecherin Bettina Emmerling will verstärkte Transparenz: "Spaß-Demos wie die Bademantel-Aktion für den verstorbenen Udo Jürgens brauchen die Nebenfahrbahn des Rings nicht. Die Behörden sollten Kosten, Sponsoren, Thema und Teilnehmerzahl transportieren. So wird auf Veranstalter Druck aufgebaut. Das Versammlungsrecht aber muss tabu bleiben."

Auch FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik stellt das Demorecht nicht in Frage, fordert aber andere Austragungsorte als den Ring: "Ballhaus-, Rathaus- oder Parlamentsvorplatz sind attraktiv. Provokante Events wie Rasen am Ring dürfen nicht für ein Chaos sorgen. Veranstalter kündigen 10.000 Teilnehmer an, und dann sind es 500 die Wien lahm legen. Das gehört hinterfragt."

Beinahe ident argumentiert Gerhard Kubik von den Sozialdemokraten: "Wir reden hier über Demo-Missbrauch. Das Veranstaltungsgesetz wird umgangen indem Events als Demos angemeldet werden. Polizeijuristen könnten solche Veranstaltungen untersagen, trauen sich aber nicht, weil sofort der Vorwurf der Willkür im Raum steht. Die Stadtpolitik muss der Exekutive offiziell den Rücken stärken. Die SPÖ wird nach der Wahl eine Diskussion einleiten." Alle Kollegen stimmten zu.

Seitens der ÖVP verlangte Roman Stiftner neue Spielregeln: "Nicht jede Demo braucht vier Ringspuren. Man könnte auf den Radwegen demonstrieren." Grün-Mandatar Maresch traute seinen Ohren nicht und protestierte. Stiftner stellte weiters die Frage "was ist einer Stadt zumutbar? Denn auch Autofahrer und Geschäftsleute haben Rechte."

Juristen einbinden

Schließlich einigten sich alle Parteienvertreter, dass das Veranstaltungsgesetz zum alten Eisen gehört. Der Vorschlag, Juristen sollten definieren, was ein Veranstaltung (Event) und eine Demonstration ist, stieß auf kollektive Zustimmung. Damit könnten die kritisierten Spaß-Demos bald Geschichte sein. Denn bei kommerzielle Veranstaltungen sind Toiletten, Polizeiaufgebot, Reinigung und vieles mehr vom Veranstalter zu bezahlen.

Jurist Bernd Christian Funk betonte, dass Demonstrationen und Veranstaltungen zwei Paar Schuhe sind: "Betreffend des Grundrechtes der Versammlungsfreiheit kann die Stadt nichts ändern. Mit den Veranstaltern kann nur konsensual agiert werden. Beim Veranstaltungsgesetz gibt’s Chancen."

Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessensvertretung will nach der Wahl mit 400.000 Mitgliedern in die Offensive gehen: "Die Stadt ist, trotz schwieriger Rechtslage, zu großzügig. Denn Demos werden für Marketingzwecke missbraucht. Eine Volksabstimmung zu Verkehrs-Themen wird nach der Wahl überlegt."

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