Bodycams im Testlauf: Exekutive rüstet auf

Blinkt das Licht auf der Kamera, werden Kontrollierte schnell kooperativ.
Kontrollierte Personen sind kooperativ, Polizei rechnet mit Rückgang von Misshandlungsvorwürfen.

Wenn das rote Licht auf der Kamera an der Uniform der Polizistin aufleuchtet, ist Schluss mit lustig. Denn ab diesem Zeitpunkt wird die Amtshandlung filmisch dokumentiert. Bodycams heißen die kleinen Videogeräte und stehen seit März in Wien, der Steiermark und in Salzburg im einjährigen Probebetrieb.

Sollte sich das System bewähren, denkt das Innenministerium an einen bundesweiten Einsatz – vor allem in Städten sowie in Regionen mit hoher Kriminalitätsrate. Aktuell filmen 20 Geräte (zwölf in Wien, je vier in Salzburg und der Steiermark) die Amtshandlungen. Zur Halbzeit der Testphase zeigt sich die Exekutive begeistert.

Der KURIER war Dienstagmittag mit einer Bodycam-Streife am Wiener Schwedenplatz unterwegs. Schon bei der ersten Kontrolle verfehlte die Kamera ihre Wirkung nicht: Ein etwa 40-jähriger alkoholisierter Mann fiel den Polizisten bei einem Kebab-Stand auf. Er wurde angehalten und nach den Personalien gefragt. Große Freude hatte er damit nicht: Er wollte seinen Ausweis nicht zeigen.

Bodycams im Testlauf: Exekutive rüstet auf
Polizei, Kamera, Videoüberwachung, Bodycam

"Jetzt wird gefilmt"

"Die Amtshandlung wird ab jetzt gefilmt", erklärte Inspektor Patricia K. emotionslos und schaltete das Gerät ein. Und schon blinkte das rote Licht. Verwundert, aber merklich kooperativer zog der Mann sein Geldbörserl hervor und präsentierte seinen Führerschein. Auch der zuvor unüberhörbar aggressive Ton war plötzlich wie weggezaubert. Da es zu keinen weiteren Problemen bei der Kontrolle kam, beließen es die Polizisten bei einer Verwarnung des Passanten – der schlenderte in Richtung U-Bahn-Abgang.

Bodycams im Testlauf: Exekutive rüstet auf
Polizei, Kamera, Videoüberwachung, Bodycam
"Dank eingeschaltener Bodycams pendelt sich die Amtshandlung in der Regel rasch auf eine sachliche Ebene ein. Die zu überprüfenden Personen werden in Kenntnis gesetzt, dass ab jetzt eine Video-Aufzeichnung läuft. Da bremsen dann viele ihre Emotionen ein", bestätigt Inspektorin K. die große Wirkung des kleinen Gerätes. Die Polizisten des Wachzimmers Laurenzerberg (Innere Stadt) patrouillieren seit Beginn der Testphase mit den Bodycams: "Wir ersparen uns dank dieser Kameras jede Menge Schwierigkeiten. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn dieses System zur Standardausrüstung gehören würde."

Seitens des Innenministeriums will man sich über einen flächendeckenden Einsatz (noch) nicht festlegen. Sprecher Karl-Heinz Grundböck: "Nach der einjährigen Testphase wird evaluiert und dann entschieden."

Eine eindeutige Empfehlung gibt die Polizeigewerkschaft ab. Noch zu Beginn der Tests negativ eingestellt ("andere Anschaffungen haben Priorität") sind die Personalvertreter jetzt von den Bodycams überzeugt. Hermann Greylinger (FSG), Vize-Vorsitzender der Polizeigewerkschaft erklärt den Sinneswandel: "Für die Exekutive wären moderne Schutzwesten sowie Helme für unsere Motorrad-Kollegen wichtiger gewesen. Für diese beiden Posten steht seit Kurzem die Finanzierung. Bodycams sind sinnvoll und sollten in jedem Wachzimmer zum Einsatz kommen."

Korrekter Einsatz

Bodycams im Testlauf: Exekutive rüstet auf
Polizei, Kamera, Videoüberwachung, Bodycam
Denn das Kamera-System hat noch weitere Vorteile. Neben der beruhigenden Wirkung auf zu kontrollierende Personen wird auch der Einsatz der Polizisten dokumentiert. "Somit erkennt die Staatsanwaltschaft bei Vorwürfen gegen die Exekutive, ob die Amtshandlung korrekt durchgeführt wurde", betont Polizeisprecher Thomas Keiblinger. Kommt es zum Serieneinsatz, wird erwartet, dass Misshandlungsvorwürfe gegen Polizisten dank der Bodycam-Dokumentationen auf einen Bruchteil zurückgehen.
Bodycams im Testlauf: Exekutive rüstet auf
Gemeindesicherheitskonzept Niessl, Tschürtz, Spuller
Schon jetzt ist das Burgenland das sicherste Bundesland: Bei einem Bevölkerungsanteil von 3,4 Prozent entfielen 2015 nur 1,9 Prozent aller Straftaten aufs kleinste Bundesland. In Vorarlberg waren es fast doppelt so viele. Der rot-blauen Landesregierung ist das noch nicht genug: Am Dienstag präsentierten Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und sein FPÖ-Vize Hans Tschürtz in Nickelsdorf ein Sicherheitskonzept für Gemeinden.

Im Zentrum stehen "Sicherheitspartner", die verdächtige Fahrzeuge an die Polizei melden oder zur Schulwegsicherung eingesetzt werden können. 25 bis 30 Langzeitarbeitslose oder Burgenländer der Generation 50 plus sollen so einen Job erhalten. 200 Bewerber gebe es bereits, sagte Tschürtz.Nach zweiwöchiger Ausbildung erhalten die Sicherheitspartner Uniformen, aber keine Waffen.

Sie dürfen beobachten, dokumentieren und an die Polizei oder andere Behörden melden. Zunächst läuft das Projekt ein Jahr in neun der 171 Gemeinden; Kosten: 500.000 Euro. Mittelfristig ist ein flächendeckendes Angebot möglich. Niessl erwartet eine "Vorbildwirkung" für ganz Österreich.Auf Sicherheit setzt Niessl auch an der Grenze: Man müsse sich auf einen längerfristigen Assistenzeinsatz und Grenzkontrollen einstellen. Da habe er "absolutes Vertrauen" zu Innen- und Verteidigungsminister.

Von Thomas Orovits

Bis 2020 wird die Polizei aus dem Budget etwa eine Milliarde Euro erhalten, um Ausrüstung und Personal aufzurüsten. Diese Sicherheits-milliarde wurde noch von Ex-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in die Wege geleitet und von ihrem Nachfolger Wolfgang Sobotka (beide VP) umgesetzt.

Die Investitionen gliedern sich in Modernisierung der Schutz- und Einsatzausrüstung, Fahrzeuge zur Terrorbekämpfung, Infrastruktur- und Kriminaltechnik, EDV- plus Kommunikationstechnologie sowie Personalaus- und Weiterbildung. "Durch die Bereitstellung der nötigen Mittel können wir die aktuellen Herausforderungen meistern und künftigen Entwicklungen Rechnung tragen", sagt Innenminister Sobotka.

1500 neue Polizisten

Zusätzlich sollen noch heuer 1500 neue Polizistinnen und Polizisten aufgenommen werden. 750 davon für den unmittelbaren Grenzeinsatz mit einer sechsmonatigen Grundausbildung. Darüber hinaus wird es 250 zusätzliche Planstellen für die Verwaltung geben, um die Exekutive administrativ zu unterstützen. Im Hinblick auf die Flüchtlingsproblematik wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit 500 Neuaufnahmen personell aufgestockt.

Sobotka argumentiert die Sicherheitsmilliarde wie folgt: "Die Prioritäten liegen auf der Bekämpfung von Schlepper- und Rauschgiftkriminalität sowie bei der Terrorbekämpfung. Wir wollen keine Gesellschaft des Wegsehens sondern des Hinsehens."

Weiters werden 2000 Überziehschutz-Westen beschafft. Diese ballistischen Gilets mit integriertem Stichschutz werden vorerst in einer einjährigen Testphase erprobt. Sie werden primär von Beamten der Wega sowie Polizisten "exponierter Polizeiinspektionen" wie etwa am Praterstern getragen. Sie sind sehr leicht und können über der Uniform getragen werden. Auch die polizeiliche Motorrad-Einheit wird mit neuen Helmen ausgerüstet.

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