Soko Brunnenmarkt: Mangelhafte Kommunikation zwischen Behörden

Blumen und Kerzen am Tatort auf dem Brunnenmarkt. Die Bluttat geschah am 4. Mai.
Nach der Bluttat am Brunnenmarkt gibt es erste Erkenntnisse der Sonderkommission.

Der Informationsfluss zwischen den Behörden soll mangelhaft gewesen sein. Das ist eine erste Erkenntnis der Sonderkommission um die Bluttat am Brunnenmarkt. Ein 21-Jähriger hatte Anfang Mai eine Frau mit einer Eisenstange attackiert und tödlich verletzt. ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter richtete daraufhin eine Sonderkommission ein. Die Soko sollte allfälliges Behördenversagen im Vorfeld des Mordfalles klären, nachdem der psychisch auffällige Tatverdächtige ohne Aufenthaltstitel bereits seit Oktober 2010 mehrfach juristisch aufgefallen war.

"Es hat viele Alarmsignale gegeben, die nicht ausreichend bewertet wurden", sagte der Leiter der Soko und Vizepräsident des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtsachen Helfried Haas am Montag. Denn bei zahlreichen öffentlichen Stellen und Behörden wurden im Laufe der Jahre Informationen über den Kenianer zusammengetragen, die Zusammenführung unterblieb jedoch.

Psychiatrisches Gutachten liegt vor

Ein mittlerweile vorliegendes psychiatrisches Gutachten bescheinigt dem Kenianer aufgrund von geistiger Abnormität Zurechnungsunfähigkeit, weshalb er mangels Schuldfähigkeit nicht wegen Mordes vor Gericht gestellt werden kann. In einem Prozess, für den es noch keinen Termin gibt, wird es um die Einweisung in eine Anstalt gehen. "Die Tat wäre vielleicht nicht passiert, wenn die Erkrankung behandelt worden wäre", konstatierte Haas. Jedenfalls hätte die "Wahrscheinlichkeit deutlich reduziert werden können".

Keine Zusammenführung der Informationen

Außerdem habe es "eine Fülle von einzelnen Zeitpunkten gegeben, wo man hätte korrigierend eingreifen können". Denn bei zahlreichen öffentlichen Stellen und Behörden wurden im Laufe der Jahre Informationen über den Kenianer zusammengetragen, die Zusammenführung unterblieb jedoch. Damit gab es keine Institution, die über alle Informationen des jungen Obdachlosen verfügte. "Die Zahnräder haben nicht ineinandergegriffen, es ist nicht das notwendige Gesamtbild entstanden", so das erste Fazit des Soko-Leiters.

Haas ortete auch eine "zu große Zurückhaltung bei der Polizei, eine Unterbringung zu veranlassen". Er forderte Schulungen der Beamten sowie Amtsärzte. Zudem müsse überlegt werden, eine ambulante Betreuung psychisch Kranker einzuführen. Eine solche gebe es derzeit - außerhalb der Krankenhäuser und Justizanstalten - nicht. "Eine Betreuung muss früher möglich sein", man dürfe nicht "so lange zuschauen bis etwas gravierendes passiert", forderte Haas.

Täter war als Unruhestifter bekannt

Der Mann verübte die Tat am 4. Mai. Das spätere Opfer, eine 54-Jährige, hatte sich mit einer Arbeitskollegin auf dem Weg zur Arbeit befunden, als der 21-Jährige aus Kenia stammende Mann plötzlich zwischen zwei Marktständen auf sie losgestürmt war und auf sein Opfer eingeschlagen hatte.

Der 21-Jährige war - wie sich nach der Bluttat herausstellte - am Brunnenmarkt seit längerem als Unruhestifter bekannt bzw. gefürchtet. Er lebte dort als Obdachloser und soll mit gewalttätigem Verhalten und als Cannabis-Straßenverkäufer eine Art "Stammkunde" der Polizeiinspektion Brunnengasse gewesen sein. Zweimal wurde er gerichtlich verurteilt - zuletzt kassierte er 2013 acht Monate teilbedingt, wovon er zwei Monate absitzen musste. "Bewährungshilfe wurde nicht angeordnet. Doch das wäre eine Chance gewesen", kritisierte Haas. Hier hätte man "den Hintergrund genauer anschauen und vielleicht auch kritischer beurteilen müssen".

Zwischenbericht bis Ende September

Die hochkarätig besetzte Soko hat ihre nächste Sitzung laut der Presse am 19. September, bis Ende September soll ein erster Zwischenbericht erfolgen, der Endbericht bis zum Jahresende. In der Soko sind zahlreiche Fachkräfte, darunter auch Sektionschefs von Justiz- und Innenministerium, vertreten. Haas lobte im Gespräch mit der APA die "sehr konstruktive Zusammenarbeit aller Mitglieder und Institutionen". "Ich habe den Eindruck, es wollen alle dass etwas rauskommt", sagte er.

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