Bettler-Planquadrate in U-Bahn und auf Adventmärkten

Auf den Weihnachtsmärkten sind die Bettler zurzeit allgegenwärtig. Die Stadt will dagegen vorgehen.
Die Stadt Wien schickt bis Weihnachten Expertenteams auf Tour.

Steht man einige Minuten am Christkindlmarkt, passiert es auch schon: Bettler sprechen einen an und fragen ob sie die leeren Punschhäferln haben können, um sich den Pfand zu holen. Andere sitzen mit Kindern auf der Straße oder ziehen auf Krücken durch die U-Bahnen. Die Ärmsten der Armen gehen in der Vorweihnachtszeit in die Offensive und nutzen die spendable Stimmung – was vielen Besuchern und Standlern auf den Märkten sauer aufstößt. "Die Problematik hat sich in den vergangenen Jahren zugespitzt", sagt Walter Hillerer, der Leiter der Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien. "Weil es immer mehr werden, ist die Konkurrenz unter den Bettlern gestiegen."

Das hat zur Folge, dass die Bettler offensiver werden und nicht mehr nur auf der Straße sitzen, sondern auch auf die Menschen zugehen. Teilweise dreiste Tricks und vorgetäuschte Behinderungen stehen an der Tagesordnung. In manchen Quartieren sind die Stiegenhäuser mit Rollstühlen zugeparkt.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat die Stadt gemeinsam mit der Polizei Teams zusammengestellt, die während der Vorweihnachtszeit auf Märkten, Einkaufsstraßen und in der U-Bahn unterwegs sein werden. Die Ermittler sind zivil gekleidet und haben besondere Verstärkung dabei, wie der Einsatzleiter erklärt: "Wir haben uns mit der Polizei in den Herkunftsländern der Bettler in Verbindung gesetzt und werden im Advent zwei rumänische Kollegen in unseren Teams dabei haben."

Vor allem die Sprachbarriere kann so leichter durchbrochen werden. Außerdem können die Polizisten aus dem Ausland, sofort in der Heimat abfragen, ob gegen den Bettler dort schon etwas vorliegt – in Rumänien ist Betteln nämlich verboten.

Bettlerhäuser leer

Dass es immer mehr Bettler gibt, ist auf Wiens Straßen offensichtlich. Wo sich diese aber nach getaner Bettel-Arbeit aufhalten, ist derzeit unklar, denn die Massenquartiere, in denen die Bettler mitten in Wien hausten, sind mittlerweile Geschichte. "Von fünf absoluten Problemhäusern wurde eines bereits abgerissen, die vier anderen sind bestandsfrei", sagt Hillerer. Trotzdem müssen diese Menschen irgendwo schlafen, was sich bei winterlichen Temperaturen als schwierig erweist. "Im Sommer übernachten viele im Freien – auf der Donauinsel oder in Parks. Dort sind wir auch regelmäßig auf Streife. Im Moment ist es aber zu kalt, um im Freien zu schlafen."

Die Experten vermuten, dass es bereits neue Bettler-Quartiere gibt. Wo sich diese befinden, ist für die Behörden noch ein Rätsel.

Im Nationalrat ist heute, Donnerstag, die Antwort von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf eine parlamentarische Anfrage zur Arbeit der Salzburger Polizei gegen organisierte Bettelei eingelangt. Die Salzburger SPÖ-Nationalratsabgeordnete Cornelia Ecker hatte die Anfrage am 8. Oktober eingebracht und die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und den Kosten des Polizeieinsatzes gestellt.

Seit November 2013 kam es in Salzburg wiederholt zu Schwerpunktaktionen der Polizei gegen organisierte Bettelei. Mit 1. August 2014 wurde dann fix eine "temporäre Ermittlungsgruppe" mit vier Beamten eingesetzt. Mitte September verkündete die Polizei in einer Pressekonferenz, zwei Fälle organisierter Bettelei aufgeklärt zu haben. Einer dieser Fälle sei laut Ecker allerdings durch eine slowakische Studentin aufgedeckt worden, der sich eine betroffene Person anvertraut hatte. Nach mehrmonatiger Ermittlungstätigkeit könne darum "von einer organisierten Bettelmafia, die alle bettelnden Personen unter ihrer Kontrolle hält" keine Rede sein. Ansonsten hätte die Arbeit der Polizei mehr Ergebnisse und Beweise mit sich bringen müssen, so die Anfrage.

Laut der nun vorliegenden Antwort fielen in den ersten beiden Monaten der Tätigkeit der Ermittlungsgruppe, also im August und im September, Personalkosten von rund 35.530 Euro an. Insgesamt leisteten die vier Beamten in dieser Zeit insgesamt rund 1.400 Arbeitsstunden (inklusive Überstunden) - was in etwa der Normalarbeitszeit entspricht. Im Zuge der Schwerpunktaktionen seien im vergangenen Jahr zusätzlich 1.900 Dienststunden angefallen - hier unterblieb allerdings eine Angabe der Kosten.

32 Anzeigen

Auf der Habenseite listet die Anfragebeantwortung 32 Anzeigen, die seit 1. November 2013 erstattet wurden. Die meisten - 15 an der Zahl - gab es wegen gewerbsmäßigen Betrugs, vier wegen Körperverletzung und zwei wegen Raufhandels. Je eine Anzeige erfolgte wegen Menschenhandels, Nötigung, schwerer Nötigung, gefährlicher Drohung, Sachbeschädigung, Diebstahls, Einbruchsdiebstahls, gewebsmäßigen Diebstahls, Raubs, Brandstiftung und schwerer Raubs.

Auf wie viele Personen sich die 32 Anzeigen verteilen, konnte die Polizei kurzfristig nicht sagen. Wie viele der Anzeigen bisher zu Anklagen geführt haben, ließ sich gleichfalls nicht eruieren. Salzburg ist laut Innenministerium derzeit das einzige Bundesland in Österreich, das Sonderkommandos oder Einsatzgruppen gegen organisierte Bettlerei einsetzt.

Kommentare