Baustellen-Finale: Die Zeit läuft davon

Die Aufreger: Dauerstau in der Westeinfahrt ...
Experten kritisieren die Wiener Verkehrsstadträtin. Sie verweist auf ihre Rathausbeamten.

Süd- und Westeinfahrt zum Flaschenhals degradiert, die Gürtel-Brücke, der Verkehrsknoten in den Norden, eine kaum überbrückbare Barriere und Hunderte stauintensive, teilweise verwaiste Baustellen in der Stadt – die heurige Wiener Baustellen-Saison bringt nicht nur Autofahrer in Rage.

Auch die Rathaus-Opposition attackiert Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou mit periodischer Hartnäckigkeit und die Volksanwaltschaft nimmt seit Mitte Juni die Baustellen-Planung der zuständigen Beamten unter die Lupe. Volksanwalt Peter Fichtenbauer sprach im KURIER-Interview sogar von einem "Skandal" und wird dem Parlament sowie Bürgermeister Michael Häupl schriftlich Bericht erstatten.

Zusätzlich forderte der ARBÖ einen Verkehrsgipfel. Die durch die Planungsmisere in massive Kritik geratene Bauwirtschaft signalisierte spontan Unterstützung. Verkehrsstadträtin Vassilakou lehnte einen Baustellen-Gipfel jedoch reflexartig ab. "Vorschläge und Inputs an die zuständigen Magistratsabteilungen", lautete die Antwort der Grünen Vizebürgermeisterin.

Was aber führte zu der Entrüstung? Der KURIER befragte Verkehrsexperten der Autofahrerclubs ARBÖ und ÖAMTC, der zuständigen Magistrate, der Bauwirtschaft sowie Volksanwalt Fichtenbauer. Parallel dazu gingen Hunderte Beschwerden von Autofahrern in der Redaktion ein. Die prioritären Probleme:

Koordination

Magistrate/Baufirmen: Beispiel Westeinfahrt. Bis heute ist nicht geklärt, wer für den Verkehrskollaps im Juni auf der Stadteinfahrt verantwortlich war. Tagelang stand nur eine Fahrspur zur Verfügung. Rathaus und Baufirma schieben einander gegenseitig die Verantwortung zu. Volksanwalt Fichtenbauer untersucht den Fauxpas: "Schlecht koordinierte Baustellen kosten Zeit, Steuergeld und Nerven."

Verwaiste Baustellen

Firmen übernahmen sich bei den Ausschreibungen. Mehrere Projekte werden zwar begonnen, für die schnellst mögliche Fertigstellung fehlt das Personal. Die Pönalen sind zu niedrig.

Arbeitszeit

Geld ist knapp, die Stadt will keine Überstunden zahlen. Donnerstag ab 15 Uhr ruht die Arbeit. "Es gibt Verbesserungspotenzial bei der Aufteilung der Arbeiter. Das Arbeitsrecht lässt Spielräume zu", sagt Rainer Pawlick, Innungsmeister der Bauwirtschaft.

Info-Defizite

Es fehlt an Bürgernähe, kritisieren ARBÖ und ÖAMTC. Heuer sei auf die Planung von Ausweichrouten verzichtet worden – wegen des dichten Bauprogramms.

Krisen-Management

"Die Asfinag erfand den Traffic-Manager. Dort, wo es massiv staut, ist der Experte vor Ort. Lösungen werden so schneller gefunden. Das fehlt in der Großstadt Wien", kritisiert ARBÖ-Sprecher Kurt Sabatnig.

Kontrolle

Kontrolle muss rund um die Uhr passieren. Nur so wird verhindert, dass in den Grätzln kleinere Baulose die wenigen Alternativrouten blockieren.

Baustellen-Finale: Die Zeit läuft davon

Während die Arbeiten am Grünen Prestigeprojekt "FuZo auf der Mahü" rasch voranschreiten, wachsen Befürchtungen, dass einige Baustellen bis zum Schulbeginn am 1. September nicht fertig werden. Trockenes Wetter wird entscheidend sein.

Ein Boulevardblatt vermutete diese Woche sogar, dass Arbeiter von der Staufalle Westeinfahrt abgezogen wurden, um die Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße schneller zu bauen. Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou dementierte, wollte sich aber zu der Baustellen-Misere des heurigen Sommers nicht äußern. Ihr Büro argumentierte: "Hier werden technische Fragen zum Politikum gemacht." Vassilakou delegierte schließlich an ihren Baustellen-Planer Bernhard Engleder von der MA 28 (Straßenbau).

KURIER: Werden die stauintensiven Baustellen zeitgerecht zum Schulstart fertig?

Bernhard Engleder: Wir halten die Zeiten ein. Die Gürtelbrücken-Rampen, außer die Relation von der Heiligenstädter Lände, werden frei sein. Und die Westeinfahrt hat wieder zwei Spuren.

ARBÖ und ÖAMTC sprechen von zu vielen Baulosen. Haben sich die Planer übernommen?

Die Modernisierung der U4 im nächsten Jahr verlangte die vorgezogene Sanierung der Westeinfahrt. Und bei der Gürtel-Brücke ist es besser, eine Saison lang zu stauen, als jahrelang in Abschnitten zu sanieren.

Die Kritik, dass zu wenige Arbeiter vor Ort sind, kommt von allen Seiten.Vernachlässigt die Stadt die Kontrolle?

Es bleibt den Unternehmen überlassen, mehr Personal zu beschäftigen. Natürlich zählt auch hier die Optimierung. Der Zeitplan muss eingehalten werden.

Gewährt die Stadt zu lange Bauzeiten?

Firmen und der Magistrat müssen Regenperioden einrechnen. Da muss ein Zeit-Puffer bleiben, wo auch niemand vor Ort ist. Denn die Arbeiten dann an Wochenenden durchzuführen, wird wegen der Überstunden teuer.

Haben manche Baufirmen zu viele Aufträge angenommen? Ist das ein Grund für sichtbar verwaiste Baulose?

Große Firmen haben sich nicht übernommen. Bei den Kleinen ist das schon möglich.

Saniert die Stadt bei Großprojekten erst im letzten Moment?

Es kommt kein Auftrag, wenn er nicht unbedingt notwendig ist.

Die Rathausopposition glaubt, dass heuer, ein Jahr vor den Wien-Wahlen, intensiv saniert wurde, um 2015 Auto fahrende Wähler nicht zu verärgern. Wie also sieht es 2015 aus?

Wir haben dann etwa dasselbe Bauvolumen. Ich habe für 2015 keine Vorgaben.

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