Ein echter Wiener geht nicht unter

Ein echter Wiener geht nicht unter
Anpfiff zur Badesaison: Der gebürtige Kaisermühlner Kurt Kalser über den Alltag als Bademeister im Gänsehäufel.

Der Start in die Freibadsaison wird heute für viele ein Sprung ins kalte Wasser. Der Himmel ist wolkenbehangen, die Maximaltemperatur beträgt 17 Grad. Im Strandbad Gänsehäufel im 22. Wiener Gemeindebezirk liefen die Vorbereitungen in den vergangenen Tagen trotzdem auf Hochtouren. Mittendrin: Kurt Kalser, seit acht Jahren Bademeister in dem Traditionsbad. „Man muss einen gewissen Schmäh haben, sonst funktioniert das nicht“, sagt der 57-Jährige über seinen Job. Das Berufsbild des im Volksmund auch „Badewaschl“ genannten Bademeisters hat sich im Laufe der Jahre gewandelt.

Mädchen für alles

Ein echter Wiener geht nicht unter
Braungebrannt, durchtrainiert und mit einer Trillerpfeife bewaffnet im Hochsitz – so kennt man das Klischee. Dabei gehört viel mehr dazu als die bloße Aufsicht über die Badegäste. „Ich bin hier Mädchen für alles“, erklärt Kalser. „Als Bademeister muss ich auch herumliegenden Müll wegräumen, Verletzungen versorgen und Streit schlichten.“ Dass Letzteres mitunter gefährlich sein kann, musste ein Kollege Kalsers im Vorjahr am eigenen Leib erfahren – ihm wurde der Kiefer gebrochen. „So geht’s hier auch manchmal zu“, sagt der Wiener – ohne mit der Wimper zu zucken.

Dass jemand vor dem Ertrinken gerettet werden muss, kommt im besten Fall nur selten vor, ist aber auch Aufgabe des Bademeisters. Daher wird ein angehender Bademeister vor seiner Abschlussprüfung auch in Sachen Erste Hilfe geschult. Eine brenzlige Situation hat der Mittfünfziger in seinen acht Jahren noch nicht erlebt. „So weit darf es gar nicht erst kommen, ich muss die Gefahr schon im Vorfeld erkennen“, erklärt Kalser. „Das ist ja die hohe Kunst des Bademeister-Daseins.“

"Starkstrom"

Ein echter Wiener geht nicht unter
Das Schönste an seiner Arbeit ist, wenn er Familien mit Kindern weiterhelfen kann. „Oft warten die Eltern im Wasser und ich ermutige die Kinder zum Sprung ins kühle Nass“, schildert Kalser. „Wenn mich die Kinder danach anstrahlen und um Wiederholung betteln, dann ist das ein Moment, der mir Kraft gibt.“ Der Job ist aber nicht nur ein Traumberuf für ihn. „Es gibt bestimmt bessere und lukrativere Aufgaben.“ Kalser lacht. „Es ist einfach ein voller Stressberuf – aber ich hab den Starkstrom gern.“
Besonders anstrengend seien jene Badetage, an denen das Thermometer auf 35 Grad klettert, erzählt das Wiener Urgestein. „Je länger eine Hitzeperiode dauert, desto eher gehen sich die Leute dann gegenseitig an die Gurgel. Da muss der Bademeister dann öfters als sonst einschreiten.“

Kalser gestikuliert viel, während er spricht. Es macht ihm sichtlich Spaß, von seinem Berufsalltag im Gänsehäufel zu erzählen. „Ich gebe Kollegen immer den Ratschlag ’Sag einfach, was du denkst, ohne dass du böse denkst’ – dann kann nichts mehr schiefgehen.“

Seinen Lebensabend möchte Kalser gemeinsam mit seiner Frau im Ausland verbringen. „Sri Lanka wäre wunderbar, die Insel ist ehrlich und authentisch.“ Der Wiener gerät ins Schwärmen, seine Augen sind glasig. „Das Gänsehäufel kann mit Sri Lanka dann doch nicht ganz mithalten.“

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