Ausgesetztes Baby: Mutter verurteilt

Die junge Mutter wickelte ihr Neugeborenes in ein T-Shirt ...
24-jährige Wienerin wurde von Geburt überrascht und legte ihr Baby auf der Kellerstiege ab.

Das Baby kam ohne Vorankündigung im Morgengrauen. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass jetzt ein Kind auf die Welt kommt“, sagt die 24-jährige Verkäuferin am Dienstag vor Gericht. Sie habe die ganze Zeit verhütet, man habe ihr nichts angesehen, „aber dann ist es schon losgegangen.“

Auf dem Couchtisch lag zufällig eine Schere, sie durchschnitt die Nabelschnur, packte ihre kleine Tochter in ein T-Shirt und eine Weste, säuberte die Wohnung und dachte: „Sie kann nicht bei mir bleiben.“ Dann legte die junge Mutter das zarte Neugeborene auf der Kellerstiege ab: „Es war alles verschwommen, ich war überfordert.“ Später ging sie noch einmal nachschauen: „Ich war nicht sicher, ob es wirklich passiert ist.“ Da sei das Baby schon weg gewesen.

Eine Schülerin hatte an diesem 6. September 2014, einem Samstag, in dem Haus in Wien-Neubau ihre Freundin besuchen wollen und im Stiegenhaus unterdrücktes Wimmern gehört: „Ich dachte an eine Puppe, aber dann hat es sich bewegt.“ Die 15-Jährige geriet in Panik. Ihre Freundin will Krankenschwester werden und wusste, was zu tun ist. Sie zog ihre Jacke aus, wickelte das Baby ein und alarmierte die Rettung. Später gingen die beiden Mädchen das Baby im Spital besuchen.

Vater geworden

Inzwischen war der Lebensgefährte der jungen Mutter vom Nachtdienst heimgekehrt. Auch er hatte nicht mitbekommen, dass seine Freundin schwanger ist. Im Stiegenhaus war nichts zu hören, auch zu Hause war alles ruhig, die Lebensgefährtin schlief, nur die Katzen waren etwas aufgeregt. Erst am folgenden Montag erfuhr der 29-Jährige von der Polizei, die sich auf die Suche nach der Herkunft des ausgesetzten Babys gemacht hatte, dass er Vater geworden ist.

Die 24-Jährige ist wegen Aussetzung angeklagt, sie habe das Neugeborene in eine hilflose Lage gebracht. Sie sei im Dämmerzustand gewesen und habe nicht weitergedacht, sagt sie. Beim Prozess erfährt man, dass sie selbst eine traumatische Kindheit mit schwerer Gewalt hatte. Mit 15 hatte sie schon einmal ein Baby bekommen, ihre Eltern nahmen ihr das Kind sofort weg und untersagten jeglichen Kontakt. Gerichtspsychiaterin Sigrun Rossmanith sagt, der jungen Frau fehle die „Beseelung des Körpers“. Sie sei von der Geburt überrumpelt worden.

Zartes Baby

Ein Kinderarzt erklärt als Sachverständiger, das 2265 Gramm leichte, sehr zarte Baby sei nach Stunden „mäßig unterkühlt“ (32 Grad) entdeckt worden (womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist), habe sich aber im Spital rasch erholt. Nach fünf Wochen wurde es der 24-jährigen Kindesmutter und deren Lebensgefährten übergeben, inzwischen wiegt das Mädchen 5,5 kg. Die Mutter holt in der Abendschule die Matura nach und will studieren, sobald die Tochter in den Kindergarten kommt.

Richterin Nicole Baczak verhängt drei Monate bedingt und schickt die junge Frau zur Psychotherapie, was diese gern annimmt.

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