Armbruch nach Amtshandlung: Wiener Polizist freigesprochen

Armbruch nach Amtshandlung: Wiener Polizist freigesprochen
Für den Richter war die Verletzung nicht eindeutig dem Beamten zurechenbar.

Ein Wiener Polizist ist am Dienstag im Straflandesgericht vom Vorwurf der schweren Körperverletzung freigesprochen worden. Der 25-Jährige hatte am frühen Morgen des 13. Dezember 2014 mit fünf anderen Uniformierten in einer Wohnung interveniert, in der sich die Mutter und der Bruder eines 23-Jährigen von diesem bedroht fühlten. Am Ende der Amtshandlung wies der 23-Jährige einen Oberarmbruch auf.

Die Polizei erschien gegen 4.30 Uhr, nachdem der junge Mann in offenbar angetrunkenem Zustand seine Verwandten in Unruhe versetzt hatte. Er soll während der Amtshandlung geschimpft, die Beamten angepöbelt und sich - unter anderem durch angeblich aggressives Ein-und Ausatmen - bedrohlich verhalten haben. Beim Verlassen der Wohnung ("Wir haben beschlossen, dass es keinen Sinn mehr hat, mit ihm zu reden") habe ihn der 23-Jährige schließlich von hinten an der linken Schulter ergriffen und "leicht zurückgezogen", schilderte der Angeklagte. Und weiter: "Die Aggression hat meiner Meinung nach noch eine Steigerung erfahren." Er habe daher "meine Chance genutzt und die Halsklammer angewendet".

"Keine Schmerzensschreie"

Indem er den rechten Arm um den Kopf des 23-Jährigen legte, brachte der Polizist den Mann zu Boden. Zu der inkriminierten Verletzung sei es "durch meine Anwendung der Körperkraft sicher nicht gekommen". Der Mann habe "auch keine Schmerzensschreie ausgestoßen", versicherte der Angeklagte, was dessen als Zeugen geladene Kollegen im Wesentlichen bestätigten.

Der 23-Jährige behauptete demgegenüber, er habe gerade die Wohnungstür zumachen wollen, als ihn der Angeklagte von hinten packte, zu Boden drückte, ihm die Hände verdrehte und in die Höhe zog. Er habe gleich ein Taubheitsgefühl am rechten Arm verspürt, aber zunächst nur an eine Zerrung gedacht. Nach dem Abgang der Polizisten habe er nicht gleich die Rettung verständigt, "weil ich mir gedacht habe, es geht schon".

Laut Aktenlage wurde die Rettung erst um 6.35 Uhr in die Wohnung gerufen. Im Spital verbrachte der 23-Jährige noch eineinhalb Stunden im Aufenthaltsraum, ehe er um 8.25 Uhr behandelt wurde. Für den erfahrenen Gerichtsmediziner Christian Reiter war das nicht ganz nachvollziehbar. Bei einem mit einem eingeklemmten Radialnerv verbundenen Bruch des rechten Oberarmschafts wären "sehr heftige Schmerzen zu erwarten. Der Durchschnittsbürger würde wahrscheinlich sofort um Hilfe rufen", sagte der Sachverständige. Dass der Mann im Spital nicht sofort auf ärztlicher Hilfe bestand, nannte Reiter "sehr komisch", wiewohl er betonte, die gegenständliche Verletzung wäre mit der Darstellung des Betroffenen grundsätzlich in Einklang zu bringen, während sie mit einer Halskammer nicht erklärbar sei.

"Unbefriedigendes" Ergebnis

Für Richter Johannes Varga reichte die Beweislage nicht für einen Schuldspruch. Der 23-Jährige habe während der Ermittlungen mehrmals seine Aussage abgeändert. Sollte er ungeachtet dessen diesem unbedingten Glauben schenken, "müsste ich allen anderen Beamten eine Falschaussage unterstellen, was ich nicht kann und nicht machen werde". Das Ergebnis des Strafverfahrens sei zwar "unbefriedigend", da der 23-Jährige eine schwere Verletzung erlitten habe. Diese sei im Zweifel aber nicht dem Angeklagten zurechenbar.

Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

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