Angreifer ging in Ö frei, in D in die Psychiatrie

Der psychisch Kranke griff mehrfach Personen mit Buttersäure an (im Bild ein Vorfall in Berlin). Jetzt wird er in einer Klinik behandelt.
In beiden Ländern griff Zoltan L. Personen an. Hier galt er als harmlos, 700 km entfernt als gefährlich.

Unterschiedlicher können Gutachten nicht ausfallen: Zoltan L., 44, soll in Österreich und in Deutschland mehrere Buttersäure-Angriffe auf Menschen begangen haben. In Wien hielten zwei Sachverständige den psychisch Kranken für "harmlos", die Staatsanwaltschaft Wien stellte das Verfahren ein. In Frankfurt beschrieb ihn ein Psychiater als gefährlich, und ein Richter wies ihn in die Psychiatrie ein.

Der Fall ist Wasser auf die Mühlen all jener, die die Qualität heimischer Gutachten kritisieren. Glaubt man den vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) zusammengefassten Justiz-Akten über L.s Umtriebe, erscheint auch das Agieren der Staatsanwaltschaft Wien zweifelhaft.

L.s Kampf für die Moral

L. ist ein Getriebener seiner Psyche. Der psychisch Kranke glaubt, den moralischen Zerfall bekämpfen zu müssen. Zwischen 2008 und 2009 soll er 53-mal Sex-, Tattoo- und Hanfshops beschädigt und Homosexuelle angegriffen haben. Er sei "wahnhaft gestört", aber ungefährlich, befand ein Gutachter. L. ging damals frei. Ab 2013 nahm er Menschen mit Buttersäure ins Visier. Sechs Angriffe sind durch den VGT dokumentiert: drei Mal auf eigene Aktivisten; ein Mal auf Tierschützer in Berlin und schließlich auf die EU-Politikerin Ulrike Lunacek. Ein Psychiater stellte "keine erhöhte Gewaltbereitschaft" fest. Die Staatsanwaltschaft Wien stellte mit der Begründung, es gebe keine "Anlass-Tat", das Verfahren ein. Eine Sterbehilfe-Aktivistin in Frankfurt war L.s letztes Opfer.

Der VGT wirft der Justiz vor, mit zweierlei Maß zu messen: Während L.s Angriffe als Kavaliersdelikte abgetan wurden, sind (die freigesprochenen) Aktivisten im Tierschützer-Prozess wegen eines vermeintlichen Buttersäure-Attentats wie Kapitalverbrecher behandelt worden. "Beunruhigend", nennt VGT-Obmann Martin Balluch den Fall. Er zeige, "wie leicht man über die Gutachter-Auswahl Einfluss nehmen könnte".

Bei der Wiener Staatsanwaltschaft heißt es, das Verfahren gegen L. sei fortgesetzt worden. Jetzt werde die deutsche Justiz kontaktiert.

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