Aliyev-Prozess: Auslieferung Mussayevs beantragt

Mussayev sitzt in Wien vor Gericht. Jetzt verlangt das kasachische Regime erneut seine Auslieferung.
Ex-Geheimdienstchef wird in seiner Heimat erneut des Mordes bezichtigt. Eine Finte, sagt sein Verteidiger.

Rechtsfälle mit Kasachstan-Bezug dürften auch in Zukunft die Wiener Justizbehörden beschäftigen. Dafür sorgt die kasachische Generalstaatsanwaltschaft, die wegen eines neuen Mordvorwurfs die Auslieferung des derzeit im Aliyev-Verfahren angeklagten, ehemaligen Geheimdienstchefs Alnur Mussayev beantragt hat.

In seiner Heimat ermittelt die Behörde wegen der Ermordung des Oppositionsführers A. Sarsenbayev gegen ihn. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, bestätigt das Einlangen des Antrags, der dem KURIER vorliegt.

Der heimischen Justiz muss das Schreiben wie ein Déjà-vu vorkommen, denn genauso begann das derzeit laufende Aliyev-Verfahren. Die Kasachen blitzten mit Auslieferungsbegehren in Österreich ab, bis die heimische Justiz selbst ermittelte und den kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev, seinen Leibwächter sowie den Ex-Geheimdienstchef Mussayev wegen zweifachem Mordverdachts (an zwei Bankmanagern) anklagte. Aliyev erhängte sich vor Prozessbeginn in seiner Zelle, Mussayev und Aliyevs Leibwächter sitzen derzeit vor dem Gericht.

"Konstruiert"?

Das Verfahren ist einzigartig: Großkanzleien bekriegen sich in einer bisher nie dagewesenen Intensität; ein Opferverein der Witwen, finanziert mit Millionen aus fragwürdigen kasachischen Quellen, tritt in Österreich auf. Und die Aussagen mancher Zeugen ist umstritten, so sehr, dass der Richter von "konstruierten" Vorwürfen sprach und mitten im Verfahren beide enthaftete. Bis das Oberlandsgericht Wien ein Machtwort sprach und die Enthaftung aufhob. Beide sitzen nun wieder in U-Haft.

Jetzt kommt aus Kasachstan ein neuer Mordvorwurf. Die Kurzversion: Der kasachische Leiter des Parlamentssenats heuerte im Jahr 2006 laut dem Antrag einen Landsmann an, der dem Oppositionellen Sarsenbayev eine Abreibung verpassen sollte. Laut dem Antrag bekamen davon Aliyev und Mussayev Wind. Sie hätten daraufhin die Gelegenheit genutzt, um beim (vom Senatspräsidenten) engagierten Schläger gleich die Entführung und Ermordung des Oppositionellen sowie dessen Leibwächter und Fahrer in Auftrag zu geben. Die kasachische Generalstaatsanwaltschaft ermittele jetzt wegen "Bildung und Leitung einer organisierten Gruppe zur Begehung von einer oder mehreren Straftaten" gegen Mussayev.

Zeuge sitzt in Haft

Der angeführte Hauptbelastungszeuge ist der Senatspräsident selbst, den Aliyev erst nachträglich eingeweiht haben soll und der seit 3. Februar wegen "Tatbeihilfe zum Mord" im Gefängnis sitzt.

Bisher lehnte die heimische Justiz Auslieferungen an Kasachstan ab – auch von Mussayev. Es sei dort ein "rechtsstaatliches Verfahren" nicht zu garantieren, lautete die Begründung.

Für Mussayevs Verteidiger Martin Mahrer ist das der "Plan B": "Für den Fall, dass mein Mandant frei geht, schießt man die nächste Causa nach." Das Prozedere sei bekannt. "Man hat in dem Fall einfach den Namen jener Person als Tatverdächtigen eingesetzt, die man verfolgen will." Der Fall liege fast zehn Jahre zurück und es gebe kein Motiv.

Mahrer sagt, die heimische Justiz habe mit dem Aliyev-Verfahren die kasachische Seite "angefüttert": "Man hat das Regime angeregt, weitere Strafverfahren nach Österreich zu verlagern."

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